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Unterstützer der südossetischen Oppositionskandidatin Alla Dschiojewa protestieren gegen die Annullierung der Wahl.

Foto: AP/dapd

Moskau droht der Verlust des Vorpostens im Kaukasus.

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Drei Jahre nach dem Fünftagekrieg zwischen Russland und Georgien wird in Südossetiens Hauptstadt Zchinwali wieder geschossen. Vorerst feuerten die Sicherheitskräfte nur in die Luft, doch die Spannung in der Krisenregion steigt. Der Machtkampf zwischen der Obrigkeit und den Demonstranten steuert seinem Höhepunkt zu.

Auslöser waren die Präsidentenwahlen vor einer Woche, bei der überraschend die Oppositionskandidatin Alla Dschiojewa gewann. Südossetiens Oberstes Gericht kassierte schon einen Tag später auf Antrag des unterlegenen Kreml-Kandidaten Anatoli Bibilow den Wahlsieg: Wegen angeblicher Wahlmanipulation wurde Dschiojewa nicht nur der Sieg aberkannt, sondern ihr auch noch die Teilnahme an der Neuwahl im März verboten.

Seitdem sind die Anhänger Dschiojewas auf der Straße. Sie selbst hat mehrfach mit Kreml-Emissär Sergej Winokurow verhandelt, zeigte sich aber zunehmend enttäuscht von den Gesprächen: Russland, wohlgemerkt eines von nur vier Ländern weltweit, die offiziell die Souveränität Südossetiens anerkannt haben, gibt Dschiojewa offen zu verstehen, dass sie als Präsidentin Südossetiens unerwünscht ist.

"Es ist beleidigend zu hören, wenn man mir offen sagt, dass ich nicht dem Niveau eines Staatsoberhaupts entspreche, und gleichzeitig eine Schicht russischer Beamter gemeinsam mit der Obrigkeit Südossetiens versucht, mir massenhafte Wahlfälschung unterzuschieben" , klagte Dschiojewa.

Wahlsiegerin besteht auf Sieg

Während Moskau durch die Festnahme des Dschiojewa-Vertrauten Soslan Kokojew im russischen Nordossetien den Druck auf die Opposition in Zchinwali erhöht, besteht diese auf ihrem Sieg. Als erste Amtshandlung hat Dschiojewa bereits einen Staatsrat gegründet. Am 13. Dezember will sie - auch gegen den Widerstand der bisherigen Führung - ihre Amtseinführung feiern.

Warum Dschiojewa Moskau politisch nicht passt, ist unklar: Dschiojewa ist wie alle angetretenen Kandidaten prorussisch eingestellt und strebt nach einer Angliederung der Kaukasusregion an Russland. Freilich hat sich die Politikerin als engagierte Gegnerin des korrupten Kokoity-Regimes einen Namen gemacht. An dem System haben auch russische Beamte mitverdient.

Die Konsequenzen der Bevormundung dürfte Moskau bald zu spüren bekommen. Russlands Image in Südossetien ist deutlich gesunken. Den ersten Denkzettel wollen die Südosseten Moskau bereits am Wochenende verpassen: Die Opposition wird, obwohl die Mehrheit der Bürger auch einen russischen Pass besitzt, nicht bei der Duma-Wahl abstimmen.

"Unsere Wahlen sind mit Füßen getreten worden", erklärte Dschiojewa. Sie und ihre Anhänger sähen daher keinen Sinn in einer Teilnahme an weiteren Wahlen, sagte sie. Die letzte Verhandlungsrunde mit dem Kreml hat sie abgesagt, die Opposition setzt nun auf den Druck der Straße statt auf die Vermittler aus Moskau. (André Ballin aus Moskau/DER STANDARD, Printausgabe, 3.12.2011)