Stanislav Shakirov ist Vorsitzender der "Piratenpartei Russlands", die diesen Namen allerdings nicht führen darf.

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In Brüssel sitzt sie im Parlament, in Berlin feiert sie Erfolge, in Russland wird sie nicht zugelassen: Die Piratenpartei. Piraterie bezeichne einen kriminellen Raubüberfall auf See. Eine Gruppe Krimineller könne keine Partei gründen, so arumentierte das russische Justizministerium. Stanislav Shakirov, Vorsitzender der Partei spricht im derStandard.at-Interview über die Steine, die ihm in den Weg gelegt wurden und ist überzeugt davon, dass Russland früher oder später auf Druck der Bevölkerung seine restriktive Politik lockern muss.

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derStandard.at: Die "Piratenpartei Russland" wurde nicht als Partei zugelassen. Auch die Klage gegen das Justizministerium wurde abgewiesen. Wie wurde diese Entscheidung begründet?

Shakirov: Das Justizministerium begründete die Entscheidung damit, dass Piraterie einen kriminellen Raubüberfall auf See bezeichnet, der mit Gefängnis geahndet wird. Und "inhaftierte Personen" könnten keine Partei gründen. Natürlich sagten sie dann, dass sie uns nicht prinzipiell die Genehmigung verweigern wollten, sondern uns nur vor der Verwendung eines ungeeigneten Namens warnen wollten. Aber nichtsdestotrotz haben wir dadurch wertvolle Zeit verloren, weil wir neu ansuchen mussten.

derStandard.at: Hat die Partei den Namen gewechselt?

Shakirov: Ja, wir haben unseren neuen Antrag für zwei Parteien eingebracht. Einen unter dem Namen "Ohne Namen" und eine unter "Piratstskaya" (Russisches Slangwort, Anm.). Natürlich wollen wir uns später wieder Piratenpartei nennen. Auch jetzt wird die Partei in der Community weiterhin Piratenpartei genannt. Und auch unsere Positionen haben sich nicht verändert.

derStandard.at: Russland hat eines der restriktivsten Parteiengesetze Europas.

Shakirov: Ja, seit Beginn des Jahrtausends ist die generelle Politik der Machteliten darauf ausgerichtet, das politische Leben im Land zu zerstören. Zahlreiche Gesetze wurden verabschiedet, die die Registrierung von Parteien massiv erschweren. Als Reaktion darauf wurden viele Parteien aufgelöst. Und die, die noch existierten, erhielten plötzlich neue, dem Kreml gegenüber loyale Parteichefs. "Die Rechte Sache" war die letzte Partei, die sich 2008 registrieren konnte (liberale Ausrichtung, Anm.).

Es ist auch erwähnenswert, dass das Parteiengesetz so formuliert ist, dass, obwohl die Regeln für die Registrierung einer Partei geltendem Recht unterliegen, das Justizministerium die Registrierung jeder unbequemen Partei aus rein formalen Gründen verwehren kann. Meiner Meinung nach war die die Zurückweisung unserer Registrierung ganz einfach eine Folge dieses politischen Monopols, das es seit den frühen 2000ern gibt.

derStandard.at: Denken Sie, dass ihre Partei je an Wahlen teilnehmen wird?

Shakirov: Natürlich. Im Internet gibt es eine Plattform, auf der man für alle Parteien, auch die nicht zugelassenen, stimmen kann. Dort haben wir 15 Prozent der Stimmen. Zugegeben, es handelt sich nicht um reale Wahlen, außerdem stimmen nur Internetuser ab, aber deren Zahl steigt von Jahr zu Jahr. In Russland steigt die Unzufriedenheit mit dem existierenden Regierung und dem politischen System. Diese Unzufriedenheit ist besonders am Vorabend der Wahlen sehr stark. Früher oder später muss Russland darauf reagieren, sein Parteiengesetz lockern und mehr Parteien zulassen. Diese neue Registrierungswelle planen wir zu nutzen.

derStandard.at: Wie schaut das Programm ihrer Partei aus?

Shakirov: Unsere Ziele und Anliegen gleichen natürlich anderen europäischen Piratenparteien. Kurz gesagt sind unsere Forderungen: direkte Demokratie, eine offene und transparente Regierung, garantierte Privatsphäre und eine Reform des Urheber- und Patentrechts. Wir sind Gründungsmitglieder der Dachorganisation "Pirate Parties International" (PPI) und stehen in regem internationalen Kontakt. Lola Voronina, eines unserer Mitglieder ist CAO bei PPI. Ein anderes unserer Mitglieder, Gregory Engels, war letztes Jahr der Vorsitzende. In den nächsten Tagen entscheidet sich, ob die nächste PPI-Generalversammlung in Russland stattfindet. Dann laden wir alle Interessierten ein, dabeizusein. (mhe, derStandard.at, 1.12.2011)