Toner auf Farbkopie: "Sports Direct" von 2011. - Durchkreuzt Wolfgang Breuer das (Kopier-) System, um sich dem urbanen Raum einzuschreiben?

Foto: Galerie Meyer Kainer

Wien - Als das universelle Wissen noch nicht auf Knopfdruck aus digitalen Archiven gespuckt wurde und man Stunden in diversen universitären Kopierstraßen zubrachte, hätte man nicht zu träumen gewagt, dass diese giftigen Vervielfältigungsmonster einmal zur Kunstproduktion taugen würden. Schon gar nicht, dass jemand freiwillig und ohne Papierstau in den Reproduktionsvorgang eingreifen würde, so wie Wolfgang Breuer.

Der immer wieder als heißer Tipp gehandelte, in London lebende Künstler (45) druckt seine Kompositionen (Kandinskyeskes auf urbanen Fotografien) nicht einfach am Farbkopierer aus, sondern entreißt dem Gerät das Papier vor dem Fixieren. Dann wird die Farbe punktuell zu Farbnebeln und -bäuschen vermalt und zum Schluss wieder in den Kopierer gestopft, um die Farbe zu binden.

Für sich allein stehend, sind die formal auf Alltagstechniken zurückgreifenden Blätter also keine große Kunst. Genauso wie die Wollfädenbilder, mit denen die Kompositionen in trauter Gemeinsamkeit in der Galerie Meyer Kainer präsentiert werden. Ganz bewusst erinnern diese - motivisch an Abstraktes oder Landschaften angelehnt - an kindliche Bastelarbeiten. Lichter wird das ganze - wie so oft - durch den Kontext. Etwa das Wissen darum, dass Breuer sich Erwartungshaltungen bezüglich Nachvollziehbarkeit, schneller Erfassbarkeit und Kunstfertigkeit völlig entzieht. Hinweise geben auch die galeriewandfüllenden Graffiti-Hieroglyphen, die auf widerständige Kunstpraxen und den urbanen Raum hinweisen. Auch das Eingreifen in den Vorgang des Kopierens kann als ein Zuwiderhandeln, als ein Gegen-das-System- und Neben-der-Norm-Agieren verstanden werden.

Breuers Kopien zeigen Londoner Wohnviertel, wo jedes Eingreifen oder eigenverantwortliche Gestalten unterbunden ist. Steht ein Haus leer, wird es mit sogenannten Safety-Screens verschlossen. Die Metallgitter hat der Künstler in anderen Arbeiten als Material verwendet: eine logischere, aber Breuer vielleicht allzu offensichtliche Koppelung zwischen Thema und Material.   (Anne Katrin Feßler  / DER STANDARD, Printausgabe, 1.12.2011)