Teheran/London/Paris - Der Iran gerät wegen der Erstürmung der britischen Botschaft in Teheran immer stärker in Bedrängnis.Großbritannien hat am Mittwoch alle Mitarbeiter der iranischen Botschaft in London aufgefordert, binnen 48 Stunden das Land zu verlassen.

Außenminister William Hague hielt in einer Rede im britischen Unterhaus fest, London breche die diplomatischen Beziehungen nicht ab, schraube sie aber auf das Minimum herunter. Die britische Botschaft in Teheran wurde unterdessen evakuiert.

London reagiert damit auf die Angriffe auf die britische Botschaft in Teheran vom Dienstag. Premier David Cameron hatte Teheran schwere Vorwürfe gemacht, weil die Polizei erst spät eingegriffen habe. Hague sprach von einem "schwerwiegenden Verstoß" gegen die Wiener Konvention über diplomatische Beziehungen: "Das ist eine Missachtung internationaler Verpflichtungen, über die sich jedes Land schämen müsste."

Die Demonstranten hätten zu einer Gruppe gehört, die "von Elementen des iranischen Regimes kontrolliert" werde, sagte Hague. Es sei "wirklichkeitsfremd" zu glauben, dass die Angriffe ohne irgendeine Form der Zustimmung durch Irans Regime hätten stattfinden können.

Doch nicht nur London reagierte. Am Mittwoch kündigte auch Deutschland die Rückkehr seines Botschafters nach Berlin zu "Konsultationen" an. Auch Frankreich und die Niederlande beorderten ihre Botschafter zurück.

Das Außenministerium in Paris teilte außerdem mit, dass auch der Geschäftsträger der iranischen Botschaft ins Pariser Außenamt vorgeladen worden sei, um Frankreichs Protest entgegenzunehmen. Schon am Vortag hatte Außenminister Alain Juppé den Vorfall scharf verurteilt.

Österreich plant vorerst keinen Abzug seines Botschafters, verlautete aus dem Außenministerium in Wien. Schon Dienstagabend hatte Außenminister Michael Spindelegger aber erklärt: "Wenn der Iran glaubt, durch solche Aktionen die europäische Solidarität aufbrechen zu können, dann irrt er sich." Zuvor hatten bereits der Uno-Sicherheitsrat und die EU die Erstürmung der Botschaft scharf verurteilt.

Verhaftungen nach Sturm

Kritik am britischenVorstoß kam am Mittwoch vom iranischen Parlamentspräsidenten Ali Larijani: London solle aus der Erstürmung der Botschaft nicht politisches Kapital schlagen. Nach Angaben der iranischen Behörden wurden mittlerweile einige der Eindringlinge gefasst.

In einer Aussendung nannte die iranische Botschaft in Wien das Verhalten der Demonstranten "inakzeptabel" und versicherte, dass der Iran weiterhin zum Schutz diplomatischer Einrichtungen stehe.

In Bern haben unterdessen am Mittwochabend zwei junge Männer Brandsätze und Steine gegen die iranische Botschaft geworfen. Am Gebäude entstand zwar kein Sachschaden, dafür aber an einigen vorbeifahrenden Autos. Polizisten und Sicherheitskräfte der Botschaft sollen die beiden Männer vorübergehend festgenommen haben. (Reuters, guha, gian/DER STANDARD, Printausgabe, 1.12.2011)