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Josef Ostermayer.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Josef Ostermayer neigt zwar zum Reden, aber nur ganz selten zum Herumreden. Das genau ist es ja, wodurch der Staatssekretär, der die Koalition roterseits auch koordiniert, den Eindruck erweckt, er sei gar kein wirklicher Politiker. Sondern einer, der was tut. Am Theater hätte er wenig Chance. Da würde jeder sagen: Rampensau ist er keine, der Ostermayer Josef.

Öffentlich wahrgenommen wird der 50-Jährige für gewöhnlich als "Schattenmann" von Kanzler Werner Faymann, dessen "Lebensmensch" er seit 1987, seit er bei der Wiener Mietervereinigung als Jurist angeheuert hat, ist. Man kann die Sache freilich auch umgekehrt sehen. Und viele haben angefangen, genau das zu tun. Es mag ein wenig hämisch klingen: Aber einer, der die Ärmel hochkrempelt und die Angelegenheiten regelt, anstatt sie zu zerreden und in Sandkistenmanier dem Gegenüber vorzuhalten, fällt selbst dann auf, wenn er keine Rampensau ist.

Die Ortstafeln in Kärnten: abgehakt. Die ersten konkreten Schritte - und Schnitte - in eine zumindest polizeiliche Verwaltungsreform hinein: abgehakt. Nunmehr Gespräche über die an der Rampe schon verkündigte Schuldenbremse. Immer, wenn es darum geht, den Nägeln auch Köpfe zu machen, ruft die SPÖ nach Josef Ostermayer. Und das wohl auch deshalb, weil Ostermayer im Ruf steht, kein Ideologe zu sein. Sondern einer, der mit allen eh kann.

In einer gewissen Weise stimmt das auch. Es stimmt allerdings deshalb, weil sich in ihm, dem so Stillen, Beharrlichen, etwas zu klumpen scheint, was die SPÖ nur noch selten zeigt. Jener kleine Bub, der im Jahr 1927 im burgenländischen Schattendorf von "Frontkämpfern" erschossen wurde - Josef Grössing hieß er -, war der Bruder von Ostermayers Großmutter. Die Schattendorfer Geschichte eskalierte im Juli 1927 zum Justizpalastbrand und allem daraus Folgenden. Aus dieser Familiengeschichte scheint sich eine gewisse Pragmatik kondensiert zu haben, die es g'scheiter findet, sich zusammenzusetzen als zusammenzuschießen.

Das Zusammensetzen hat allerdings auch und vor allem zeitökonomische Konsequenzen. Und die wiederum beinahe politische, denn der Standard will natürlich schon auch wissen, ob er auf Facebook sei. "Nein", sagt er, "und ich twittere auch nicht". Und zwar nicht etwa, weil er es nicht so habe mit den neuen "social media" - wie könnte er auch, als Medienstaatssekretär, als der er quasi inseriert hat, dass er auch die Pragmatik der Macht beherrscht? Er habe nur schlicht keine Zeit dafür.

Wenn er nämlich nach Hause komme, wolle er Zeit haben für die Gattin und die beiden Kinder. Und für ein Buch. Und für ein Fußballmatch. Zuletzt Arsenal gegen Dortmund, "zweite Halbzeit". Und Mattersburg gegen Rapid, im Stadion, weil das muss schon gesagt werden: "Meine erste Leidenschaft ist der SV Mattersburg, meine zweite Rapid." Anders als beim Sohn, da ist es umgekehrt.

Aber da redet Ostermayer jetzt natürlich schon fast herum, beinahe so wie sein weitschichtiger Cousin Fritz, der aus dem FM4-Sumpf. Denn natürlich ist seine wirkliche Leidenschaft nicht der Fußball, sondern das Schweißen. "Mein Vater war ein wirklich guter Handwerker. Aber er hat gesagt: Schutzgasschweißen, das kannst du besser." Auf irgendeine Weise hat sich das von Schattendorf bis Wien durchgesprochen. (Wolfgang Weisgram/DER STANDARD; Printausgabe, 30.11.2011)