Wien - Bevor sie am 11. Dezember Fahrt von Wien nach Salzburg aufnimmt, kann die Westbahn Management GmbH einen Etappensieg verbuchen: Das Kartellgericht hat die ÖBB am Dienstag verdonnert, die 14 Züge der Westbahn in ihr Kursbuch aufzunehmen. Und zwar in Fahrplänen, Kursbuch (Printversion), im Online-Fahrplan ("Scotty", "Scotty mobile") auf der ÖBB-Homepage sowie in der telefonischen Fahrplanauskunft unter 051717.

Um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen, hat das am Oberlandesgericht Wien angesiedelte Kartellgericht im Schnellverfahren eine einstweilige Verfügung erlassen. Der Grund: Das Kartellgericht sieht die Verbannung der Westbahn-Züge aus Fahrplanankündigungen als Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung - durch ÖBB Holding AG und ÖBB-Personenverkehr AG.

Westbahn-Anwalt Rüdiger Schender von der Kanzlei Böhmdorfer bestätigte die Standard-Informationen, er sieht den Spruch des Kartellgerichts als klare Anweisung: Der ÖBB-Personenverkehr muss die Fahrplandaten der Westbahn in das ÖBB-Kursbuch aufnehmen und zwar mit Namen, Zugnummer, Start- und Zielbahnhöfen sowie Haltebahnhöfen. Strafen sind in dem Provisorialverfahren genannten Schnellverfahren laut Schender nicht vorgesehen. Würde die ÖBB die bereits gedruckten Kursbücher aber ohne Westbahn-Angaben verteilen, sei der Anspruch exekutierbar. Kursbücher und Fahrplandrucke können also beschlagnahmt werden.

Bei der ÖBB wollte zur Niederlage niemand Stellung nehmen, es lägen noch keine offiziellen Informationen zur Entscheidung vor.

Abgeblitzt ist die Westbahn mit ihrem Antrag bei den Kartellwächtern übrigens in einem Punkt: Die in ÖBB-Schnellzügen verteilten Zuginformationsfolder dürfen weiterhin ohne Hinweise auf die täglich 14 Westbahn-Verbindungen verteilt werden.

"Verschwendungsbremse"

Weit weniger klar ist bis dato, wie mit dem von Verkehrsministerin Doris Bures vorgelegten Gesetzentwurf zur Vorbelastungsermächtigung für die auf 65 Milliarden Euro taxierte (Fremd-)Finanzierung des Bahnausbaus wird. Die Fronten in der Koalition gelten als verhärtet. Wie das Finanzministerium verfahren will, ist unklar, zumal die Bahnschulden als Gefahr für das Triple-A Österreichs gilt. Für schwere Irritation sorgt die Einschätzung der Investmentbank Nomura, wonach die Bahn bis 2072 mehr als das Dreifache, also an die 200 Mrd. Euro verschlingen werde. Laut Verkehrsressort stimmen die Annahmen nicht, weil die jährlichen Kosten für Betrieb und Erhaltung des Schienennetzes (2012: 1,5 Mrd. Euro) doppelt verbucht würden. Letztere seien ja ohnehin im Budgetkapitel Verkehr gebucht.

Grünen-Verkehrssprecherin Gabriela Moser fordert eine "Verschwendungsbremse" bei konkurrierenden Bahn- und Autobahnprojekten. Gemäß ÖBB-Zuschussvertrag übersteigen die jährlichen Bundeszuschüsse für die ÖBB bereits 2019 eine Milliarde Euro, 2025 die Schwelle von 1,5 Mrd. , um rein rechnerisch erstmals 2037 unter 1,7 Mrd. zu sinken. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe, 30.11.2011)