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Hunderte Ärzte nahmen an der Betriebsversammlung teil.

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Auch Patienten solidarisieren sich mit den Ärzten im AKH.

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Freda Meissner-Blau und Otto Schenk zeigen ihre Solidarität.

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Wien  - Im Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) hat am Dienstagvormittag die erste öffentliche Protestveranstaltung der Spitalsärzte begonnen. Sie machen damit weiter gegen angekündigte Sparmaßnahmen mobil.  Gesprochen haben neben Vertretern des AKH auch Schauspieler Otto Schenk, die ehemalige Grünen Politikerin Freda Meissner-Blau und Unternehmer Attila Dogudan, sie sind als ehemalige Patienten des AKHs aufgetreten. Überall waren weiße Kitteln zu sehen, zahlreiche Ärzte nahmen an der Versammlung teil.

Während der Veranstaltung ist mit längeren Wartezeiten zu rechnen. Notfall- und Unfallpatienten werden aber wie gewohnt versorgt, wurde versichert. Die Veranstaltung in der Aula ist die erste, die auch von Besuchern bzw. Patienten des Spitals mitverfolgt werden kann. Bisher gab es lediglich interne Betriebsversammlungen.

Ärtzekammer: "Geld für bürokratischen Unsinn"

Anlass für die Aktivitäten sind die Budgetnöte der Medizinischen Universität Wien, an der die AKH-Ärzte angestellt sind. Mit 1. Februar 2012 werden im größten Spital des Landes die Journaldienste reduziert, wie die Med-Uni erst gestern, Montag, bekanntgab. Künftig sollen 146 statt 172 Ärzte pro Nacht bzw. am Wochenende im Einsatz sein. Weiters ist geplant, Stellen nicht nachzubesetzen.

Ärztekammerpräsident Walter Dorner sagt im Gespräch mit derStandard.at, dass das größte Krankenhaus Österreichs mutwillig zu Grunde gerichtet werde. Er habe Bund und Stadt Wien zu einem runden Tisch geladen und erhoffe sich zumindest konstruktive Gespräche. Ob es in nächster Zukunft zu einer Lösung kommen werde, könne er noch nicht sagen. Entscheidend sei, dass sich beide Seiten - Bund und Stadt Wien - nicht einbetonieren. In Anspielung auf die Elektronische Gesundheitsakte sagte Dorner, "für bürokratischen Unsinn wird viel Geld ausgegeben, hier steht aber die Existenz vieler Kollegen am Spiel."

Bankenrettung, Tunnelbauten

Betriebsrat Thomas Szekeres rechnete in seiner Ansprache vor, dass es für den Bund offenbar kein Problem sei 100 Millionen Euro für die Banken zur Verfügung zu stellen, bei neun Millionen Euro für das AKH aber zögere. Er appelierte an die Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely vernünftige Prioritäten zu setzen und trotz Schuldenbremse nicht bei der Gesundheitsversorgung zu sparen. "Wir kämpfen so lange, bis die Politik unser Haus finanziert". 

Auch Wolf-Dieter Baumgartner, Betriebsrat, kritisiert im Gespräch mit derStandard.at welche Prioritäten in der Politik gesetzt werden. Für die Sanierung des Hannapi-Stadions werden 26,4 Miollionen Euro zur Verfügung gestellt. "Im Gegensatz zu unseren Kickern spielen wir aber im Finale der Champions-League." Durch die Einsparungsmaßnahmen kann es das AKH "wie wir es kennen" nicht mehr geben, der Akutbetrieb in der Nacht und am Wochenende könne nur schwer aufrechterhalten werden. Wenn am Wochenende keine Bypässe operiert werden, werde die Warteliste noch länger und das bedeute ein "tödliches Risiko" für die Patienten. Weitere Maßnahmen des Betriebsrat werden besprochen. "Wir wollen das nicht. Eigentlich wollen wir nur unsere Arbeit machen", sagt der Betriebsrat.

Prominente Unterstützung

Freda Meissner-Blau, Otto Schenk und Attila Dogudan solidarisieren sich mit den protestierenden AKH-Ärzten. Otto Schenk tritt im weißen Kittel auf die Bühne "Mein Leben und mein Überleben verbinden mich mit dem AKH." Es gehe um "lächerliche neun Millionen", man könne auch nicht den Philharmonikern sagen, sie sollen die zweiten Geigen einsparen.  Freda Meissner-Blau erzählt, dass ihr im AKH das Leben gerettet wurde. Sie sei allen Ärzten hier dankbar.

Stöger für gesetzliche Änderung bei Uni-Kliniken

Unzufrieden mit der Einsparung von 14 Prozent der Journaldienste am Wiener AKH zeigt sich Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ). Die Uni-Krankenanstalten hätten die Aufgabe, den Menschen auch entsprechend medizinisch zu versorgen, erklärte er am Dienstag vor dem Ministerrat. Gleichzeitig dachte Stöger gesetzliche Änderungen an, wie man die Versorgung besser garantieren könne.

Zu diskutieren ist für ihn die Uni-Autonomie, wie sie im Jahr 2002 unter Schwarz-Blau beschlossen worden war. Was genau er hier ändern würde, sagte Stöger nicht.

Stöger selbst ist als Gesundheitsminister für die Budgetierung des AKH gar nicht zuständig. Als Uni-Klinik fällt das Wiener Allgemeine Krankenhaus nämlich großteils in die Kompetenz von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP). 

Töchterle zeigt Verständnis

Töchterle zeigt Verständnis für die Nöte der AKH-Leitung. Nach dem Ministerrat erklärte er, dass mittlerweile 50 Prozent des Budgets für Patientenleistungen aufgewendet werden müssten, obwohl die Uni-Klinik grundsätzlich vor allem für Ausbildung und Forschung die Verantwortung trage. Töchterle will nun eine besser Koordinierung der Finanzierung des AKH.

Der Minister verwies darauf, dass das Wiener AKH die einzige Universitätsklinik in Österreich sei, bei der das gesamte ärztliche Personal vom Bund bezahlt werde, wo also das Land keinen Beitrag leisten müsse. Aus seiner Sicht ist hier in Graz und Innsbruck eine bessere Lösung gefunden worden, wo sich die Steiermark und Tirol an diesen Kosten beteiligen.

Was Wien angeht, betonte Töchterle, dass man die Vereinbarung, die bis 2015 laufe, natürlich anerkenne. Konkret mehr Geld von der Bundeshauptstadt forderte der Wissenschaftsminister allerdings auf Nachfrage nicht.  Als vernünftig erscheint Töchterle der Vorschlag des ärztlichen Leiters des AKH, Reinhard Krepler, eine Betriebsgesellschaft für das Allgemeine Krankenhaus zu bilden. Damit kämen alle Betroffenen an einen Tisch und das ständige Gezerre hätte ein Ende.

Nichts anfangen kann Töchterle hingegen mit den heute im Zuge der AKH-Debatte angestellten Überlegungen von Gesundheitsminister Alois Stöger, die Uni-Autonomie zu ändern. Das wäre sicher nicht der richtige Weg. Die Autonomie habe sich sehr bewährt.(mte/APA, derStandard.at,29.11.2011)