Ein Stimmengewirr in 23 Sprachen, so muss es beim Turmbau zu Babel geklungen haben, ehe die eigene Sprache in den akustischen Vordergrund tritt und Besucherin und Besucher begrüßt. Herzlich willkommen im Parlamentarium, ein lebendes Museum, das den Besuchern das Europäische Parlament in der jeweils eigenen Sprache interaktiv näherbringen soll.

Museum of Modern Art in San Francisco

In dreijähriger Entwicklungsarbeit hat die Wiener App-Schmiede Nous den digitalen Führer entwickelt, der durch die Komplexitäten des gemeinsamen Europas führt. Das Parlamentarium ist ein multimediales Gesamtkunstwerk, und die auf iPods eingebettete App ist der Schlüssel dazu, beschreibt Alexander Stickelberger, Mitgründer von Nous Wissensmanagement, die sich mit ihren multimedialen Führern vom Messner-Museum in Bozen und dem Museum of Modern Art in San Francisco bis zur National Gallery in Melbourne international einen Namen gemacht haben.

"Debabilizer" war bezeichnenderweise der Arbeitstitel, unter dem das Konzept der ersten in 23 Sprachen entwickelten Dauerausstellung der Welt von den Museumsplanern Lord mit der Wienerin Claudia Haas entwickelt wurde. Und als Debabilizer sind iPod und App bestens geeignet: Besucher wählen beim Eintritt aus 23 Sprachen und vier Gebärdensprachen sowie das Herkunftsland. Dank Funktechnik (RFID und Wifi), die den "Personal Media Guide" mit den Stationen verbindet, werden sie von Installationen erkannt und so aktiver Teil der Inszenierung. Etwa in einem Plenumssaal mit 360-Grad-Video, wo man als Abgeordnete Platz nimmt und sich an einer Abstimmung beteiligt. Ein "Tunnel der Wünsche" führt wieder aus dem Parlamentarium hinaus: Hier hinterlassen Besucherinnen und Besucher Botschaften, was sie sich bis 2050 erhoffen. Auszüge dieser Wünsche werden beim Hinausgehen gezeigt. 1300 Besucher ist die Tageskapazität des Parlamentariums, 700 iPods sind im Einsatz - "ohne diese Guides funktioniert die Ausstellung nicht", sagt Stickelberger.

"Zwar ist die Museumsszene noch immer wahnsinnig interessant. Aber der Markt für Apps ist längst viel größer geworden"

"Zwar ist die Museumsszene noch immer wahnsinnig interessant. Aber der Markt für Apps ist längst viel größer geworden", sagt Stickelberger. Die großen Aufträge kommen inzwischen von weltweiten Unternehmen, die mit Nous-Apps am iPad weltweit ihren Außendienst ausstatten. Von der Präsentation bei Kunden und der Auswahl von Verkaufsmaterial bis zum Account-Management und Schulungsvideos werden damit alle Anforderungen abgedeckt. "Vor allem die Interaktivität mit Kunden ist mit dem iPad ungleich leichter als mit dem Notebook", beschreibt Stickelberger.

Die Nachfrage bei Nous ist weltweit: In Nigeria stattete die Hotelkette Starwood ihre Manager mit den mobilen Geräten und maßgeschneiderten Apps aus, für Piloten der American Airlines wird gerade ein papierloses Cockpit entwickelt. Mehr als 20 Mitarbeiter und ein "großer Kreis an Contentproduzenten, Designern Freelancern" werken in Wien, weiterhin Hauptstandort der Firma, die inzwischen auch Büros in Denver, San Francisco, Dänemark und Brüssel unterhält. (spu)