Die Kritik aus den eigenen schwarzen Reihen bestätigt: Strasser hat mit seinem Bestreben, Asylwerber, deren Antrag abgelehnt wird, möglichst schnell loszuwerden, übers Ziel geschossen. Schade, denn im aktuellen Entwurf sind auch Passagen, die die Situation von Flüchtlingen in Österreich verbessern würden. Dazu gehören beispielsweise Sonderregelungen für Folteropfer oder die Schaffung von unabhängigen Rechtsberatern zur Kontrolle des Bundesasylamtes.
Die ausgearbeitete Novelle trägt im Wesentlichen die Handschrift der Polizei. Das ist nicht neu, auch sozialdemokratische Innenminister vor Strasser wurden für ihren harten Kurs in der Migrationspolitik geprügelt. Doch das nun geplante Gesetz strotzt nur so vor neuen Repressionen: verpflichtende Leibesvisitationen, einfachere Modalitäten für Festnahmen und zahlreiche Ver- und Gebote für Asylwerber. Das zeugt nicht gerade von Einfühlungsvermögen. Viele Menschen sind monatelang auf der Flucht, bevor sie in Österreich oder sonst irgendwo in Europa landen, haben traumatisierende Bilder Kopf, sind verängstigt und laufen Grenzgendarmen sogar noch entgegen, weil sie sich in lang ersehnter Sicherheit wähnen. Und werden dann zuerst einmal wie Strafverdächtige behandelt.
Keine Frage, an der Überlastung des heimischen Asylwesens sind zu einem Gutteil Menschen schuld, die gar kein Asyl brauchen. Aber warum sollen Menschen, die tatsächlich einer Zuflucht bedürfen, dafür büßen? Die Verhältnismäßigkeit darf nicht umgedreht werden. Zurzeit scheint nicht die Frage "Wie schützen wir Flüchtlinge?" im Vordergrund zu stehen, sondern: "Wie schützen wir uns vor Flüchtlingen?"
Der politische Kapitalfehler liegt im Irrglauben, man könne globale Migrationsbewegungen abrupt vor einer Staatsgrenze stoppen. Der Eiserne Vorhang hat es uns jahrzehntelang leicht gemacht. Arm waren die da drüben und unfrei. Aber man hat halt leider nichts machen können. Jetzt könnte man: faire Möglichkeiten zur Einwanderung bieten, zum Beispiel. Auf EU-Ebene muss das ohnehin geschehen.