Die US-Börsenaufsicht spürt der möglichen Manipulation von Aktienbewertungen nach.

montage: derstandard.at
Neue Untersuchung zielt auf führende Wall-Street-Bosse ab Aufsichtsbehörde sucht nach Beweise, dass Führungskräfte über Vorgehen der Analysten über angebliche Bewerbungsmanipulationen informiert waren

New York - Die US-Aufsichtsbehörden für die Wertpapierbranche wollen nach einem Bericht des "Wall Street Journal" E-Mails und andere Daten von mehr als 50 Investmentbankern und Spitzenmanagern unter die Lupe nehmen. Hintergrund ist der Vorwurf angeblicher Manipulationen bei Aktienbewertungen. Mit dem Schritt sollten die Untersuchungen nun offenbar auch auf die Führungsebene der Unternehmen ausgedehnt werden, berichtete die Zeitung am Dienstag in seiner Onlineausgabe.

Die Aufsichtsbehörden suchten nach Beweisen dafür, dass die Führungskräfte über das Vorgehen der Analysten informiert gewesen seien, hieß es in dem Bericht. Diese sollen ihre Aktienbewertungen an Investmentüberlegungen ausgerichtet haben.

Weitreichende Ermittlungen

Die Anforderungen entsprechender Unterlagen seien Ende vergangener Woche von der amerikanischen Wertpapier- und Börsenkommission SEC, der National Association of Securities Dealers und der New Yorker Börse an zwölf Wertpapierfirmen verschickt worden. Es handle sich um den bisher weitreichendsten Schritt der Aufsichtsbehörden, die Informationen von den Führungskräften fast aller großer Wall-Street-Firmen verlangt hätten. Dazu zählen nach Angaben der Zeitung die Spitzenmanager von Citigroup, Morgan Stanley, Lehman Brothers Holdings und Goldman Sachs Group sowie die früheren Chefs von Credit Suisse First Boston und Merrill Lynch.

Die Aufsichtsbehörden hatten sich im April mit zahlreichen Wall- Street-Firmen auf einen Vergleich in Höhe von 1,4 Mrd. Dollar (1,2 Mrd. Euro) geeinigt. Dabei ging es darum, dass Wertpapierempfehlungen von Investment-Geschäften beeinflusst gewesen sein könnten. Die Wall-Street-Firmen sicherten im Rahmen des Vergleichs zu, das Investmentbanking und die Wertpapieranalyse strikt getrennt zu halten und unabhängige Analysen einzukaufen.

Handshake für Analysten

Allerdings wurden lediglich die Analysten Jack B. Grubman von der Citigroup mit 15 Mio. Dollar und Henry Blodget von Merrill Lynch mit 4 Mio. Dollar zur Kasse gebeten. Sie dürfen nicht mehr in der Wertpapierbranche arbeiten.

Die angesprochenen Firmen müssen bis 20. Juni antworten. Die Anfragen gingen nach Angaben des "Wall Street Journal" an alle an dem Vergleich beteiligten Firmen sowie an die Wertpapier-Sparten der Deutschen Bank und an Thomas Weisel Partners. An dem Vergleich seien neben Merrill Lynch auch Citigroup, Credit Suisse, Morgan Stanley, Goldman Sachs, J.P. Morgan Chase & Co., Lehman Brothers, UBS Warburg LLC, Bear Stearns Cos. und US Bancorp Piper Jaffray beteiligt gewesen, berichtete die Zeitung.

IBM: Anleger verunsichert

Unterdessen haben die von der US-Börsenaufsicht SEC eingeleiteten Ermittlungen gegen die International Business Machines Corp (IBM) die Anleger verunsichert. Auf außerbörslichen Handelsplattformen ging der Kurs der IBM-Aktien am Montag weiter zurück, nachdem die Titel die reguläre Sitzung mit einem Minus von 0,8 Prozent auf 87,33 USD beendet hatten. Auch deutsche Technologiewerte waren kurzfristig unter Druck geraten, allerdings mit geringeren Kursverluste als von Händlern erwartet. Nach Angaben des US-Technologiekonzerns sammelt die SEC derzeit Fakten zur Prüfung der Umsatzangaben der Jahre 2000 und 2001.

Die Ermittlungen stünden im Zusammenhang mit einer separaten Untersuchung der SEC bei einem Kunden der IBM-Tochter Retail Store Solutions, hatte das Unternehmen zuvor mitgeteilt. Eine Entscheidung habe die Börsenaufsicht noch nicht getroffen. Von der SEC war keine Stellungnahme erhältlich. Vertreter der SEC und von IBM haben sich in der Vergangenheit bereits mehrfach über die Buchungspraxis von Umsätzen bei IBM auseinandergesetzt, hieß es in der Branche. Bisher habe IBM die Ergänzung ihrer Angaben in ihren Pflichtmitteilungen an die SEC abgelehnt, sei von der Börsenaufsicht aber auch nicht dazu gezwungen worden.

Dokumente nachgereicht

Nach Information der SEC habe sich die Gesellschaft inzwischen aber zu weiteren Erläuterungen in künftigen Berichten bereit erklärt. So hatte zum Beispiel die Bilanz 2001, die erste nach den Auseinandersetzungen mit der SEC, deutlich mehr Informationen zu den Einnahmen des Pensionsfonds enthalten. Unmut der Anleger hatte Anfang 2002 auch die "heimliche" Verbuchung eines Ertrags von 300 Mio USD aus dem Verkauf einer Tochter an die JDS Uniphase Corp in der letzten Woche des Jahres ausgelöst.

Die genaue Summe habe IBM seinerzeit nicht mitgeteilt und daher die Ergebnisschätzung der Analysten übertreffen können, hieß es. Inzwischen stelle IBM ihre Umsätze konkreter dar. Sie lege nun Branchenbeobachtern zufolge Lizenzeinnahmen, Erlöse aus dem Verkauf von Aktiva und Pensionseinnahmen offen. (vwd/dpa)