Foto: Andrea Starl

Wien - Irgendwann wird es eine Schlägerei geben. Weil es zu wenige blaue Trümmer gibt. Und weil die, die am "besten" - neben einem der Schanigärten oder rund um den kleinen Babypool vor dem Leopold-Museum - positioniert sind, belegt sind, sobald sich die Sonne blicken lässt.

Der Platz funktioniert

Trotzdem lacht Wolfgang Waldner. Weil der Platz funktioniert. Endlich. "Die Resonanz übertrifft all unsere Erwartungen", jubelt der Direktor des Museumsquartieres. "Man muss eben einen längeren Atem habe - jetzt realisieren die Leute, dass hier mehr als eine Ansammlung von Kunst und Institutionen ist."

Urbane Qualitäten

Auch wenn Waldner noch keine aktuellen Frühjahrszahlen hat: Heuer scheint sich herumgesprochen zu haben, dass der Haupthof des Museumsquartieres urbane Qualitäten hat, für die man sonst oft und mühselig nach anderswo reist: Schon im November besuchten knapp 1,18 Millionen Menschen die Museen - aber zwei Millionen kamen ins Quartier. "Die aktuellen Zahlen dürften die Akzeptanz noch deutlicher illustrieren." Doch auch ohne Zahlen stützt ein kurzer Blick über die 10.000m²-Piazza zwischen den Museumsbunkern Waldners Behauptung.

Menschenmassen. Auf Bänken. Auf Stufen. In Gastgärten

Noch vor einem Monat, als die MQ-Direktion selbstbewusst dekretierte, dass der Sommer Anfang Mai begänne, hätte nicht einmal der Optimist Waldner ein so euphorisches Bild gezeichnet: Menschenmassen. Auf Bänken. Auf Stufen. In Gastgärten. Und auf den blauen Sofas.

Und es sind nicht bloß von der Kunst ermüdete Touristen, die Beine und Seele baumeln lassen: Ginge es nach (Klein-)Kinderwünschen, wäre das (erwachsenen-)knöcheltiefe Planschbecken vor dem Leopoldmuseum schon im Vorjahr taxfrei zum einzigen innerstädtischen Freibad erklärt worden. Für Waldner ein nicht ganz unproblematisches Thema: In der Frage, wie weit man Dinge einfach geschehen lassen könne, verfolge er "eine Politik der Duldung. Kindern im Sommer das Planschen zu verbieten, wäre kein freundlicher Akt. Aber wenn Erwachsene sich die Haare waschen, werden wir einschreiten."

Time Out in Rot

Neben den blauen Sitz-, Knotz- und Kletterelemente soll seit Anfang dieses Monats aber auch ein rotes Gebilde das MQ als Ort für das urbane

"Time-Out" qualifizieren: Der "Red Room" ist ein leerer, 17 Meter langer Bau aus Fichtenholz. Die Frage nach dem Zweck sei fehl am Platz heißt es: man möge durch den Schlauch schlendern - die Ruhe des Raumes werde die Hektik der Stadt verpuffen lassen.

Atmosphäre von Entspannung

Freilich: Allumfassend hat die Atmosphäre von Entspannung und Kontemplation das Kunstviertel noch nicht erfasst. Seit erstem Juni ist der Durchgang zur Breite Gasse - der "Durchstich" in den siebenten Bezirk - gesperrt. Auf dem bis jetzt als Hundeklo genutzten, leeren Baulos errichtet Carl Pruscha ein Haus - der Durchgang soll ab Oktober wieder möglich sein. Doch auch vor dem MQ sollte sich demnächst wieder etwas tun.

Um die Sichtbarkeit des Komplexes von außen zu verbessern, findet ein Wettbewerb zur Gestaltung des Vorplatzes statt (Vorsitz: Coop- Himmelb(l)au-Kopf Wolf D. Prix). Schließlich, schließt sich Waldner einen der ältesten Kritikpunkte am MQ-Konzept an, dürfe Österreichs Vorzeigestätte moderner Kunst "nicht einfach hinter 400 Metern barocker Fassade versteckt bleiben." Auch dann nicht, wenn sich die Existenz des Areals mittlerweile sogar bis zu den Wienern herumgesprochen hat. (Thomas Rottenberg, DER STANDARD Printausgabe 3.6.2003)