Zwischen Pelzhaubenträgerinnen und Herrenhandtaschenbesitzern im Publikum wirken die wenigen U-60-Theaterbesucher bei Gin Rommé (Original: The Gin Game) im Veranstaltungssaal der Volkshochschule Meidling anfangs etwas verloren. Spätestens jedoch, als Julia Gschnitzer alias Altenheimbewohnerin Fonsia Dorsey (in umwerfenden Kleidern von Erika Navas) auf die Bühne wirbelt und ihrem Spielpartner Pavel Fieber alias mürrischer Mitbewohner Weller Martin hinreißend Paroli bietet, geht ein positives Raunen durch die Mehrzweckhalle - und jungen wie älteren Zuschauern ist ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.

Volkstheater in den Bezirken - Leiterin Doris Weiner gelingt eine humorvolle und zugleich tiefsinnige Inszenierung des mit dem Pulitzerpreis für Theater ausgezeichneten Kammerspiels von Donald L. Coburn über zwei Personen, die sich dem Ende ihres Lebens nähern und mit gegenseitiger Hilfe ihre Fehler reflektieren. Fonsia und Weller treffen am Besuchstag im Altenheim aufeinander, beide entfliehen sie dem Trubel und dem Geschrei diverser Enkelkinder im Gemeinschaftsraum. Denn trotz aller charakterlichen Unterschiede - er badet in Selbstmitleid ob seines verpfuschten Lebens, sie lebt in einer Scheinglückseligkeit mit christlichen Moralvorstellungen - haben sie eines gemeinsam: keinen Besuch.

Die einzige Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren bietet das Kartenspiel Gin rommé, zu dem der leidenschaftliche Spieler Weller sie überredet. Auf einer schäbigen Veranda mit Kartentisch und Hollywoodschaukel (Bühne: Hans Kudlich) liefern sich die beiden Protagonisten einen fulminanten Schlagabtausch, und mit jeder Partie dringen sie tiefer in die eigenen Schattenseiten ihrer Biografien ein. Ein Happyend im klassischen Sinne gibt es nicht, dennoch geht das Spiel gut aus. (ewe, DER STANDARD - Printausgabe, 29. November 2011)