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Ab 2018 will die Asfinag den aufwendigen, knapp neun Kilometer langen Lobautunnel in Angriff nehmen, der auch durch das Naturschutzgebiet Lobau (im Bild: Dechantlacke) führt.

Foto: REUTERS/Lisi Niesner

Wien - UVP, das ist nicht nur die Abkürzung für Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern auch für "Unheimlich viel Papier", meint Rüdiger Maresch, Verkehrssprecher der Wiener Grünen. Maresch und Co könnten nun dafür sorgen, dass die Papierstöße zur S1 (auch "Lobau-Autobahn" genannt) noch um einiges größer werden: In ihrem Auftrag hat Harald Frey, Verkehrsplaner an der TU Wien, eine Studie erstellt, und deren Resümee zum UVP-Verfahren zur S1 fällt vernichtend aus. Die Prognosen der Asfinag würden nicht stimmen, meint Frey. Weder entspreche die Entwicklung des Motorisierungsgrades dem Stand der Dinge, noch seien die verkehrspolitischen Maßnahmen der Stadtregierung berücksichtigt worden. Insgesamt habe die Lobau-Autobahn "massive negative Auswirkungen auf die Stadtentwicklung und die bestehenden innerstädtischen Strukturen", heißt es in dem Gutachten.

Ein heißes Thema für die Koalitionsregierung, denn die Wiener Roten waren stets Fans der Autobahn inklusive Lobautunnel. Eine - deutlich günstigere - Brücke käme für ihn keinesfalls infrage, sagte Bürgermeister Michael Häupl (SP) im Frühjahr 2010 dem Standard. "Man baut keine Brücke über den Nationalpark. Das ist mein letztes Wort." Aktuell wollte man im Häupl-Büro keine Stellungnahme mehr dazu abgeben.

Balanceakt im Bauamt

Bis 1. Dezember können Stellungnahmen zur UVP eingebracht werden. Das Gutachten der Grünen wird nicht darunter sein, dieses soll Bürgerinitiativen und NGOs zur Verfügung gestellt werden. Zuständig für die offizielle Stellungnahme sei die Stadtbaudirektion, und diese werde ein Papier verfassen, "das sich zwischen Rot-Grün bewegen wird", sagte Maresch am Montag. Es sei dies "der Versuch zweier Parteien, respektvoll mit einem Dissens umzugehen". Für die SP stellte Verkehrssprecher Karlheinz Hora klar, dass der Bau der S1 "alternativlos" sei.

Im Koalitionspapier haben sich SP und Grüne das heikle Thema offengelassen, die entscheidende Passage versteckt sich auf Seite 64: Die hochrangige Verkehrsinfrastruktur - sprich: Autobahnen und Schnellstraßen - soll "nach Maßgabe der verkehrsorganisatorischen sowie budgetären Rahmenbedingungen und unter Einbeziehung der BürgerInnen ausgebaut werden". Quasi als Side-Letter habe der Bürgermeister damals zugesagt, zum Lobautunnel eine Befragung durchzuführen.

Ob das überhaupt in dieser Legislaturperiode Thema wird, ist freilich offen und hänge nicht zuletzt von der Entwicklung der österreichischen Kreditwürdigkeit ab, also davon, ob sich die Asfinag leisten kann, das Geld für die Autobahn aufzunehmen, meint Maresch. Laut derzeitigem Stand sollen die Arbeiten am ersten Teilstück der S1 zwischen Großenzersdorf und Süßenbrunn 2014 beginnen, 2018 käme dann das umstrittene Teilstück mit dem Tunnel an die Reihe. Geht die Forderung der Grünen durch, könnte das das Verfahren um fünf bis zehn Jahre verzögern. (Andrea Heigl, DER STANDARD, Printausgabe, 29.11.2011)