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Volen Siderov, rechtsextremer mit komplexen Familienverhältnissen

Foto: APA/EPA/Donev

Beobachter in Sofia sind sich unschlüssig, ob sie ein griechisches Drama oder eher eine türkische Seifenoper sehen. Die rechtsextreme Nationalunion Ataka bietet dieser Tage jedenfalls mehr oder minder erbauliche Unterhaltung. In der Rolle der schön verhängnisvollen Helena sieht man Denitsa Gadscheva, in der türkischen Variante würde man natürlicherweise auf Volen Siderov, den Parteichef, fokussieren, der die ganze Boutique zusammenhalten muss. Aber fassen wir zusammen, was bisher geschah.

Stiefsohn Dimiter Stojanov, Europaparlamentarier von Ataka, will den Vater loswerden (klassisch griechisch). 3,7 Prozent bei den bulgarischen Präsidentenwahlen im Oktober sind arg mager, sagt er, Siderov muss weg. 2006, bei seiner ersten Kandidatur, hatte Parteichef Volen Siderov, immerhin 21,5 Prozent der Stimmen eingefahren und kam wie einst Jean-Marie Le Pen in Frankreich in die Stichwahl um das Amt des Staatschefs. Stojanov, 28, hat sich (natürlich) mit seiner Mutter auf ein Packerl gehauen. Denn Kapka Siderova sinnt auf Rache. Volen Siderov, ein nationalistisch-balkanisches Irrlicht, hat seine Ehefrau gegen die erheblich jüngere Denitsa Gadscheva eingetauscht. Die wiederum – und hier schließt sich der Kreis – war 2005, als Ataka aus der Stahl- und Blei-Taufe gezogen wurde, noch Stojanovs Freundin.

Familiäre Zwistigkeiten schlagen sofort in die Politik durch, weil rechtsextreme Parteien nach Clan-Prinzipien organisiert zu sein pflegen: Dimiter also einer von zwei Europaabgeordneten von Ataka, Kapka Chefredakteurin der Parteizeitung Ataka und Stadtverordnete in Sofia, Denitsa Parlamentsabgeordnete und Nummer Zwei der Fraktion, Volen der Boss in Partei und Parlament. Bis zu diesem Wochenende sieht das Tableau nun folgendermaßen aus: Kapka und Dimiter gefeuert, Denitsa ohne Parteiämter, aber in der Fraktion, zwei weitere Abgeordnete – Kalina Krumova und Tsveta Georgieva – nicht mehr in der Fraktion (wobei Tsveta angeblich die Schwester von Kapka...) und Volen ziemlich gerupft. Von ursprünglich 21 Abgeordneten, mit denen Ataka 2009 erneut den Einzug ins bulgarische Parlament geschafft hat, sind nur noch 14 geblieben. Fünf Abgeordnete waren schon in den vergangenen Monaten aus der Partei ausgetreten, drei von ihnen, weil sie die von Ataka inszenierten Krawalle vor der großen Moschee im Zentrum von Sofia nicht mittragen wollten.

Siderov hatte knapp zwei Jahre lang die Minderheitsregierung von Premier Boiko Borissov unterstützt und angeblich 4,5 Millionen Leva (2,25 Mio. Euro) an staatlichen Subventionen eingestrichen. Als das Geld versiegte, besann er sich auf seine Oppositionsrolle, heißt es. Die Partei mag nun ihre schwerste Krise seit 2005 erleben, abschreiben darf man sie keinesfalls. Das zeigt nicht zuletzt die Renaissance des Front National unter Führung von Le Pen-Tochter Marine.