Barbara Rett im Gespräch mit dem Multitalent Reinhold Messner bei der Siemens Academy of Life.

Foto: STANDARD/Hendrich

Der Mann ist ein Multitalent. Ein Blick auf seine Homepage, und der virtuelle Besucher weiß: Messner fühlt sich zu vielem berufen. Bergsteiger ist er ja nur zufällig geworden, weil er auf der Gschnagenhart-Alm in Südtirol groß geworden ist, wo es einfach nichts gab, womit sich ein Kind beschäftigen hätte können. Nur die Berge: "Und an sie habe ich mich ganz naiv herangetastet und mich für sie immer mehr begeistert."

Seine Begehung des Mount Everest 1978 als erster Mensch ohne Verwendung einer Sauerstoffmaske, die Bezwingung aller 14 Achttausender, die Durchquerung der Antarktis, aber auch seine Yeti-Expedition sind legendär, bedürfen ergo keiner neuerlichen Betrachtung.

Viel interessanter ist, was zu tun ein Bergsteiger sonst noch alles imstande ist. Er habe verschiedene Leben geführt, in jedem einzelnen seine Kraft und Energie auf andere Ziele gerichtet. In den letzten Jahren widmete sich Messner der Gründung des Messner Mountain Museums. An mittlerweile fünf Standorten bringt Messner seinen Gästen die Berge und ihre Kultur näher.

Es habe einer bestimmten Reife bedürft, um bereit zu sein, seine Erfahrungen und sein Wissen an die nächsten Generationen weiterzugeben, sagt er: "Ich wollte früher nie ein Stellvertreter für all jene sein, die gerne erlebt hätten, was ich erlebt habe, aus welchen Gründen auch immer." Jetzt will er teilen. Als Barde mit langem Bart am Berg zu sitzen und zu erzählen, das habe seinen Reiz, schmunzelt er.

Widerstand als Ansporn

Um das "Herzstück" seines Projekts, das Museum auf Schloss Sigmundskron bei Bozen, eröffnen zu können, hatte er zähen politischen Widerstand zu überwinden. Aber außer mit Ehrgeiz und unternehmerischem Instinkt kann Messner mit Ausdauer aufwarten. Für alles, was er erreicht habe, habe er sehr hart gekämpft: "Hindernisse haben mich immer gereizt und angespornt, meine Vorhaben zu realisieren. Meine Freude heute über das Museum wäre nicht halb so groß, hätte ich mich nicht Gegnerschaften und Anfeindungen widersetzen müssen."

Der Südtiroler sieht sich als Solitär. Wie könnte es auch anders sein, wenn man sich wie er nie ein Blatt vor den Mund nimmt und rechthaberisch ist: "Das ist ein Zug, den würde ich gerne abstreifen. Ich muss heute nicht mehr recht haben. Am Ende des Tages habe ich ohnehin recht", sagt er süffisant.

Heute ist Messner 67 und befindet sich - laut eigenen Angaben - in einem Vakuum. Nein, das Gefühl der Leere habe er nicht. Er habe etwas abgeschlossen und könne sich nun überlegen, welchen Ideen er in den nächsten Jahren nachgehen werde. Manchmal denkt er daran, sich für einige Monate in eine Höhle zurückzuziehen, sich völlig abzuschotten, einfach um alleine zu sein, zu lesen und über sich und das Leben nachzudenken.

Was auch immer das Resultat seiner Überlegungen sein wird, noch mehr Geld zu verdienen sei für ihn dabei kein Ziel. Es spiele keine Rolle, habe es auch nie gespielt. "Was ich verdient habe, alles habe ich immer sofort wieder in meine Begeisterung investiert. Manager, Finanzberater, Agenten, all das habe ich nie gebraucht."

Was er hat, sind drei Bauernhöfe, jedes seiner Kinder soll einmal einen bekommen. Geht es um seine existenzielle Absicherung, setzt der Mann, dem in seinem Leben kein Risiko zu groß war, auf Sicherheit: "Ich vertraue weder auf Banken oder Wertpapiere noch auf unser Rentensystem. Mit jedem einzelnen Hof sind meine Familie und ich in der Lage, uns völlig autark selbst zu versorgen. Im Ernstfall gibt es dort alles, was es zum Leben braucht." (DER STANDARD; Printausgabe, 26./27.11.2011)