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BZÖ-Chef Josef Bucher will sparen, neben der Schuldenbremse soll auch das Nein zu jeglichen Steuererhöhungen in der Verfassung verankert werden. Die Verhandlungen laufen.

Foto: Reuters/Bader

Wien - Sowohl SPÖ als auch ÖVP haben mit parteiinternem Widerstand gegen die Schuldenbremse zu kämpfen. Der ÖGB hatte seine Skepsis bereits deponiert, am Donnerstag fasste der Vorstand auch einen entsprechenden Beschluss gegen die von der Regierung geplante Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung. Man stehe der Schuldenbremse "skeptisch bis ablehnend gegenüber", erklärte ÖGB-Präsident Erich Foglar. Der Beschluss ist ähnlich jenem, den die Arbeiterkammer bereits am Mittwoch gefasst hat. Während in der AK auch die schwarzen Vertreter mitgestimmt haben, enthielten sich die FCG-Vertreter im ÖGB-Vorstand der Stimme.

In der ÖVP bricht jetzt der Konflikt zwischen Wirtschaftsbund und der Arbeitnehmervertretung ÖAAB voll auf. Der Vorschlag von Innenministerin (und ÖAAB-Chefin) Johanna Mikl-Leitner, die sich für einen Solidarbeitrag für Superreiche auf Zeit ausgesprochen hatte, kommt beim Wirtschaftsbund gar nicht gut an. "Ich halte nichts von steuerpolitischen Einzelvorschlägen", sagte Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner. "Entsetzt" zeigte sich Haubner vom Beschluss in der AK, die sich gegen eine Schuldenbremse ausgesprochen hatte und "Reiche bzw. Unternehmen und Bauern" als die "wahren Schuldentreiber" aufgelistet hatte. Für Haubner ist das "Klassenkampf pur". Bei den Unternehmern gebe es dafür kein Verständnis, sagte Haubner, "ich bin echt entsetzt über diesen AK-Beschluss".

Auch Finanzministerin Maria Fekter ließ am Donnerstag ihre Zugehörigkeit zum Wirtschaftsbund raushängen, sie referierte vor dem Wirtschaftsparlament, dem höchsten Organ der Wirtschaftskammer, und erklärte: "Den Sozen in allen Parteien sei gesagt: Mehr Zinsen zu zahlen ist unsozial." Fekter erteilte Steuererhöhungen erneut eine klare Absage. Österreich müsse im Budget 2013 unter drei Prozent Maastricht-Defizit kommen.

Fünf große Reformen sollten im Frühjahr bei der Verabschiedung des neuen Budgets als Begleitgesetze beschlossen werden. Fekters fünf Punkte: Eindämmung der Frühpensionen, Beseitigung des Förderdschungels, Senkung der (Personal-)Kosten in den Schulen, Kostensenkungen bei den ÖBB und Reformen bei den Spitälern.

Der Staat als Qualle

Das Steuersystem solle vereinfacht, der Lebensunterhalt von Kindern steuerfrei gestellt werden. "Wir brauchen keinen Staat, der sich wie eine Qualle über alles legt", erklärte die Finanzministerin in ihrer Rede.

Angesichts der Finanzmisere in Italien stelle sich auch die Frage, ob der Brenner-Basistunnel innerhalb der geplanten Zeit gebaut werden könne: "Es macht wenig Sinn, eine Hälfte des Lochs zu graben, wenn das Loch von der anderen Seite gar nicht gegraben wird."

Prinzipiell liegt Fekter damit mit Josef Bucher auf einer Linie, der derzeit von den Regierungsparteien umworben wird. Bucher genießt die ungewohnte Aufmerksamkeit, die ihm jetzt zuteil wird. Ja, er habe schon verhandelt, auch mit der Regierungsspitze, sagte der BZÖ-Chef am Donnerstag. Die Regierung braucht ihn, und Bucher stellt Bedingungen.

Um die Schuldenbremse tatsächlich in der Verfassung verankern zu können, braucht es die Zustimmung zumindest einer Oppositionspartei. Derzeit schaut es so aus, als ob das BZÖ diese Rolle einnehmen könnte. Obwohl Bucher selbst nicht daran glaubt, wie er im Gespräch mit dem Standard festhält: "Auch wenn die Grünen gegen die Schuldenbremse sind, sie liegen viel eher auf Regierungslinie als wir. Was die Reichensteuer betrifft, sind sich SPÖ und Grüne einig, die ÖVP fällt in Teilen gerade um. Wir machen bei Steuererhöhungen sicher nicht mit."

Bucher macht seine Zustimmung zu den Regierungsplänen von zwei Bedingungen abhängig: Erstens, es müsse wirksame Sanktionen geben, wenn die Sparvorgaben nicht eingehalten werden. Wenn das Budget über die Schuldenbremse von 0,35 Prozent drübergehe, dann müsse es Konsequenzen geben, beispielsweise eine Abberufung der Finanzministerin durch ein Drittel der Abgeordneten via Verfassungsklage. Hier sei das BZÖ aber verhandlungsbereit, so Bucher. Sanktionsmöglichkeiten seien nötig, um glaubwürdig zu sein. Bucher: "Die Finanzmärkte fordern das."

Steuern einfrieren

Seine zweite Bedingung: Es müsse auch ein Limit für eine Steuerabgabenquote in die Verfassung geschrieben werden. Konkret meint Bucher: "Es darf keine neuen Steuern und keine Steuererhöhungen geben." Die derzeitige Steuerbelastung von 42 Prozent sei schon das absolute Limit und einzufrieren". Eine Solidarabgabe kommt für Bucher nicht infrage.

Bucher ist skeptisch, ob das BZÖ mit der Regierung auf eine Linie kommen könne. "Derzeit kann ich aber bei SPÖ und ÖVP keinen einheitlichen Kurs erkennen."

Die Industriellenvereinigung begrüßt Buchers Vorschlag einer Obergrenze für die Steuer- und Abgabenquote in Österreich. Die SPÖ ist erwartungsgemäß dagegen: Das sei "keine besonders gute Idee", erklärte Geschäftsführer Günther Kräuter. (völ, DER STANDARD; Printausgabe, 25.11.2011)