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Streikposten während einer Stärkung in der Nähe des zentralen Busbahnhofs in Porto: In einem Generalstreik machten Portugals Gewerkschaften am Donnerstag gegen das Sparprogramm der Regierung mobil.

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Lissabon - Hiobsbotschaften kommen selten allein. Die Ratingagentur Fitch stufte Portugal am Donnerstag auf Ramschniveau von BBB- auf BB+ mit negativem Ausblick. Fitch begründete die Herabstufung mit "dem großen Budgetungleichgewicht, dem hohen Grad der Verschuldung in allen Bereichen und ungünstigen makroökonomischen Perspektiven". Die Ratingagentur geht 2012 von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in Portugal um drei Prozent aus, erwartet aber, dass die Regierung die eigenen Sparvorgaben einhalten kann und die von ihr eingeleiteten strukturellen Reformen das Land langfristig wettbewerbsfähiger machen.

Portugal, das am Donnerstag von einem Generalstreik fast vollständig lahmgelegt wurde, solle den Gürtel noch enger schnallen, sagt Fitch. Mit dem jüngsten, vierten Downgrade seit der "Rettung" im Mai mit 78 Milliarden Euro folgt Fitch dem Rating von Moody's. Selbst EU-Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso fordert eine "strengere Überwachung" seines Heimatlandes ein.

Das Land befindet sich in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Im März war die sozialistische Regierung daran gescheitert, dass sie ihre eigenen Sparmaßnahmen nicht durchs Parlament bringen konnte. Der Staat steht vor der tiefsten Rezession seit der Rückkehr zu einer demokratischen Staatsform 1974. Die Regierung kündigte ein "hartes Durchgreifen" gegen Randalierer an. Bereits am frühen Morgen wurden Außenstellen des Finanzamtes mit Molotowcocktails in Brand gesteckt. Am Abend kam es in Lissabon zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei, mehrere Menschen zeigten vor TV-Kameras ihre blutenden Wunden. Mindestens drei Menschen wurden festgenommen.

Chaotische Zustände herrschten in Portugals Nah- und Fernverkehr. Die Metro in Lissabon schloss Mittwochnacht ihre Pforten. Die Tramways blieben in den Remisen. Streikposten verhinderten die Ausfahrt von Bussen, die für den paktierten Minimalbetrieb in der Metropole am Tejo sorgen sollten. 489 Flüge landesweit wurden abgesagt, darunter 121 von 140 Flügen der staatlichen und vor der Privatisierung stehenden TAP, deren Piloten weitere Streiks um Weihnachten und Neujahr ankündigten.

Unter den 50.000 betroffenen Reisenden war auch der in der Champions League siegreiche FC Porto, dessen Fußballer über das nordspanische Vigo und per Bus aus der Ukraine heimkehrten.

Viele Schulen und Universitäten blieben geschlossen. Die Spitäler, wo Krankenpfleger fast gänzlich nicht zum Dienst erschienen sind, behandelten lediglich Notfälle und stationäre Patienten. Öffentliche Einrichtungen wie Gerichte unterstützten den Streik ebenso.

Dennoch scheint der landesweite Protest mehr wie ein symbolisches Aufbäumen gegen den als sicher geltenden Beschluss des rigorosesten Haushaltsplans der Geschichte Portugals. Mit den Stimmen der regierenden Sozialdemokraten (PSD) und der kleinen Volkspartei (CDS/PP) soll er am 30. November das Parlament passieren.

In Griechenland demonstrierten am Donnerstag die Mitarbeiter der staatlichen Stromgesellschaft gegen die neue Immobiliensteuer, die über Stromrechnungen eingezogen wird. (Jan Marot, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 25.11.2011)