"Bezahlte Poster repräsentieren einen neuen Typ von Internetjobs, die darauf abzielen, die Meinung anderer Forennutzer zugunsten bestimmter Social Events oder Geschäftsmärkte zu beeinflussen", sagt Forscher Cheng Chen, der als bezahlter Poster in die Szene abtauchte.

Foto: Screenshot, sina.com

Bezahlte Forennutzer halten sich in Internet-Foren auf und werben gezielt für Produkte und Dienstleistungen oder verbreiten gefälschte Testberichte und Gerüchte im Netz. Nun hat der Wissenschaftler Cheng Chen von der Universität in Victoria, Kanada, eine Software entwickelt, die bezahlte Forennutzer wie eine Art Spamfilter ausfindig macht. Dafür heuerte er für den Job an, um mehr über das Phänomen und Verhalten von Paid Postern zu erfahren.

Internet Water Army

In China werden sie als "Internet Water Army" bezeichnet und durchfluten, wie der Name schon andeutet, in Scharen das Web, berichtet Golem. Ihr Ziel: Konkurrenzprodukte schlecht machen, indem falsche Informationen verbreitet werden, und das eigene Produkt positiv hervorheben.

"Interessante Marketingstrategie"

In seinem Paper "Battling the Internet Warter Army: Detection of Hidden Paid Posters" schreibt Chen: "Bezahlte Poster repräsentieren einen neuen Typ von Internetjobs, die darauf abzielen, die Meinung anderer Forennutzer zugunsten bestimmter Social Events oder Geschäftsmärkte zu beeinflussen. Obwohl es eine interessante Marketingstrategie ist, können bezahlte Forennutzer einen signifikant negativen Effekt auf Online-Communities haben, da ihren Informationen nicht getraut werden kann."

"Normale User" überfordert

Wenn zwei konkurrierende Unternehmen Nutzer engagieren, um falsche oder negative Kommentare über einander zu posten, fühlen sich "normale User" überfordert, heißt es weiter. Es fiele ihnen in weiterer Folge schwer, Informationen und Nachrichten aus dem Internet Glauben zu schenken.

Analyse

Gemeinsam mit drei Kollegen hat Chen einen neuen Ortungsmechanismus entwickelt, der sowohl nach nicht-semantischer als auch semantischer Analyse vorgeht, um potenzielle bezahlte Poster zu identifizieren. Damit sollen Online-Diskussionen wieder glaubhafter werden.

Fertige Inhalte

Zunächst heuerte Chen bei einer Agentur an, die bezahlte Forennutzer einstellt. Wie vom Auftraggeber vorgegeben, registrieren sich Paid Poster bei bestimmten Webseiten und verlinken zu anderen Seiten und schreiben Kommentare. Häufig geht der Job über eine Anweisung hinaus, sie erhalten sogar fertige Texte, die sie posten sollen.

Kontrolle

Entgolten wird nach Quantität, also nach Anzahl veröffentlichter Artikel. Allerdings führen die Auftraggeber regelmäßige Kontrollen durch, um zu überprüfen wie die Inhalte verarbeitet wurden. Wenn die "Arbeit" nicht mit vorgegebenen Schlagwörtern versehen oder vom Website-Betreiber entfernt wurde, bezahlt der Arbeitgeber nicht.

Sina und Sohu

Das Forscherteam eruierte zunächst die Mechanismen und machte sich anschließend an die Foren der zwei größten chinesischen Portale Sina und Sohu. Im Speziellen konzentrierte man sich auf zwei Firmen, von denen vermutet wird, die Internet Water Army zu beschäftigen.

Alle 2,5 Minuten ein Posting

Die Wissenschaftler fanden 200 Nutzer mit über 1.000 Einträgen auf dem Portal Sohu und 500 User mit über 20.000 Kommentaren auf Sina. Anhand einer Analyse sollten falsche und richtige Poster entlarvt werden. Da auch in diesem Fall Zeit Geld ist, veröffentlichen bezahlte Forennutzer durchschnittlich alle 2,5 Minuten ein Kommentar. Es wird nach dem Copy-Paste-System vorgegangen und die Identität wird üblicherweise nur einmal verwendet.

Filter nach Kriterien

Die von Chen und seinen Kollegen entwickelte Software durchforstet Foren und filtert sie nach Kriterien, die basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen erarbeitet wurden. Dazu zählen zum Beispiel auffällige Ähnlichkeiten oder Wiederholungen in den Forenpostings. 

Hohe Trefferquote

Mit ihren ersten Test-Ergebnissen zeigen sich die Forscher zufrieden, sie liefern eine Trefferquote von 88 Prozent. (ez, derStandard.at, 24.11.2011)