In einem Budapester Krankenhaus sollen Ärzte und Pfleger insgesamt 70 krebskranke Patienten im Endstadium mit einer Überdosis Morphium getötet haben. Diesbezüglich ermittelt seit kurzem die ungarische Polizei, wie auch das betroffene Uzsok-Spital bestätigte. Zu den verdächtigen Todesfällen - alle in der HNO-Abteilung des Uzsok - soll es zwischen 2005 und 2007 gekommen sein. Die Polizei hat nun zunächst in dem Spital die betreffenden Krankenakten beschlagnahmt und mit dem Verhör von Ärzten und Pflegern begonnen.

Auch in anderen Spitälern soll Sterbehilfe, die in Ungarn verboten ist, gängige Praxis gewesen sein. Das behauptet zumindest ein Bericht in der ungarischen Fachzeitschrift Lege Artis Medicinae (LAM), der schon im April dieses Jahres erschienen war und in Ärztekreisen für Wirbel sorgt.

"Getötet"

Der Autor Attila Markus schreibt darin, auf der Krebsstation, in der er selbst gearbeitet habe, seien Patienten bewusst mit Morphium getötet worden. Auch Patienten "in noch gutem Zustand" hätten "zu früh eine Überdosis" bekommen, schrieb Markus, der inzwischen nicht mehr in Ungarn arbeitet. Das Spital, in dem Markus gearbeitet hat, wird in dem Artikel nicht genannt.

Sämtliche Vorwürfe seien bisher bloß unbewiesene Behauptungen und müssten erst geprüft werden, sagte dazu Jenö Racz, Vorsitzender des ungarischen Krankenhausverbands. Morphium wird als Schmerzmittel bei Schwerkranken verabreicht. Allerdings kann eine Überdosis die Atemfunktion beeinträchtigen und somit zum Tod führen.
 (Kathrin Lauer, DER STANDARD Printausgabe, 24.11.2011)