Mailand - Der italienische Rüstungs- und Raumfahrtkonzern Finmeccanica, an dem der Staat mit 32 Prozent beteiligt ist, soll Schmiergelder in Milliardenhöhe an Politiker im In- und Ausland gezahlt haben - angeblich Bestechungsgelder für den Zuschlag von Aufträgen im Rüstungsbereich.

Die Führungsspitze des Konzerns steht zudem im Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung und der Bilanzfälschung. Von der Parteienfinanzierung sollen vor allem die Mitte-rechts-Parteien der Ex-Regierung Berlusconi und die Zentrumspartei UDC profitiert haben.

Die Staatsanwaltschaft in Rom ermittelt seit über einem Jahr in dieser Angelegenheit und hat inzwischen die Inhaftierung von Managern der zivilen Luftfahrtbehörde Enav und der Finmeccanica-Tochter Selex veranlasst. In dem Skandal sollen mehrere renommierte Politiker, darunter der Ex-Wirtschaftsminister Giulio Tremonti sowie der ehemalige Transportminister Altero Matteoli und Ex-Verteidigungsminister Ignazio La Russa, verwickelt sein.

Finmeccanica wird vorgeworfen, in den Büchern Zahlungen eingetragen zu habe, die nie wirklich erfolgt waren. Damit sollen Schwarzgelder auf Bankkonten in Steueroasen wie Singapur und Hongkong angesammelt worden sein. Die Regierung in Rom drängt darauf, dass der langjährige Präsident Guarguaglini zurücktritt, dieser wehrt sich aber noch. Er dementiert, in die groß angelegte Bestechungsaffäre verwickelt zu sein. Die römische Staatsanwaltschaft ermittelt nicht nur gegen ihn, sondern auch gegen seine Frau Marina Grossi, die der unter Korruptionsverdacht stehenden Finmeccanica Tochter Selex vorsteht. Der Konzern beschäftigt 73.000 Mitarbeiter. In den ersten drei Quartalen wurde ein Verlust von 324 Mio. Euro erzielt, nach einem Gewinn von 321 Mio. Euro im Vergleichszeitraum des Vorjahres. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.11.2011)