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Der US-Komponist und Schlagzeuger Paul Motian.

Foto: AP/Fred R. Conrad

New York - Die Geschichte des Jazz ließe sich auch als Auflösungsprozess des Unterschiedes zwischen Solist und Begleiter erzählen. Und Schlagzeuger Paul Motian wäre in dieser Geschichte als Mitauslöser der zur freien Improvisation hinführenden Entwicklung zu nennen.

Im stilprägenden Trio des Pianisten Bill Evans (Scott LaFaro spielte Bass) wurde Motian in den frühen 1960ern zu einer aus der reinen Begleitfunktion ausbrechenden gleichrangigen Stimme, was einen Bandsound von schwebender, klangorientierter Poesie bewirkte. Dabei war der 1931 in Philadelphia geborene Motian, der später im Trio mit Keith Jarrett seinen Stil weiterentwickelte, alles andere als ein auf vordergründige Effekte fixierter Rhythmiker. Eher ein Mitdenker, der mit immensem Gespür für die situativen "Bedürfnisse" der Musik das Struktur- und Klangbild einer Band prägte.

In all seinen Projekten der letzten 20 Jahre - sei es in seiner Bebop-Band oder im Trio mit Gitarrist Bill Frisell und Joe Lovano - konnte man diesen Stil in seiner reifen Form erleben. Motian wirkte wie ein diskreter Lyriker des Schlagzeugs, dessen gelassene Spontaneität die Musik verfeinerte und zeigte, dass Intensität auch subtile Formen annehmen kann. Paul Motian ist am Dienstag in New York 80-jährig gestorben.   (Ljubisa Tosic  / DER STANDARD, Printausgabe, 24.11.2011)