Josef Bucher erhitzt im Vergleich zu anderen BZÖ-Politikern weniger Gemüter, dafür mehr Pfannen.

Foto: Philipp Enders

Klubobmann Bucher beim Beträufeln seines Lachsforellentatars mit Mangos und Weintrauben.

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Bucher servierte selbst.

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Promi-Dichte ausbaufähig: Immerhin Sängerin Marika Lichter (2.v.r.) war da, die Besucherin ganz rechts ist LiF-Obfrau Angelika Mlinar.

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Marika Lichter wird bedient.

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Der BZÖ-Chef kocht heute "bürgerlich", im Jahre 2003 half Bucher, damals als FPÖ-Politiker, Jörg Haider noch bei dessen Kochbuch "Aus der Kärntner Wirtshauskuchl".

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Wien - Der Mann, der Österreich von seiner Schuldenlast befreien will, trägt eine Kochschürze. Gekonnt schwenkt er Kartoffelteigknödel in einer großen Gußpfanne. "Das ist die Sättigungsbeilage zur Ente", sagt Josef Bucher und wendet behutsam die Teigstückchen. Um ihn herum wieseln Köche und Tellerwäscher in weißen Jacken. Ein ORF-Kameramann klebt ihm an den Fersen, doch Bucher hat nicht zum Spitzenkoch umgesattelt, sondern ist immer noch Obmann des Bündnis Zukunft Österreich.

"Es war nichts geplant, es gab kein Drehbuch, kein Konzept", sagt Bucher ein paar Minuten vorher. Bucher referiert nicht die Gründung des BZÖ von 2005, sondern spricht über sein neues Kochbuch. Aus einem silbernen Topf, aus dem Trockeneis dampft, zieht er dann "Bucher's neue bürgerliche Küche" hervor und hält das Buch lächelnd in die Kameras. 40 Rezepte des Kärntner Gastronomensohns sollen dem Leser den Menschen hinter dem Politiker zeigen.

Im Restaurant Livingstone in der Wiener Innenstadt hat sich eine Schar aus Journalisten, BZÖ-Sympathisanten und B-Promis eingefunden. Sie stehen in der Bar herum und schlürfen Bründlmayer-Rosé und Mango-Bellini. Vorhänge aus rotem Samt, eine Palme und goldverzierte, tropische Masken an den Wänden versetzen die Gäste in noble Stimmung. Bucher hat hierher eingeladen, um seine Kochkünste in drei Gängen vorzuführen.

Orange Tipps zum Saucenbinden

Der Abend verläuft überraschend unpeinlich. Das liegt vor allem daran, dass Bucher schon in der Eröffnungsrede konsequent die Politik meidet und beim Kochen bleibt. "Warum tun Sie keine Mandeln dazu, wenn Sie Mandeln mögen? Die können Sie auch in ein Gulasch oder ein Ragout reintun", beschwört er die Gäste, ihren Gerichten ruhig eine persönliche Note zu geben. "Marzipan eignet sich gut zum Binden von Saucen! Probieren Sie das ruhig einmal!", empfiehlt er wenig später. Der Mann ist offenbar wirklich begeisterter Koch.

Dann steht Bucher mit seinem aufgekrempelten blauen Hemd und Schürze in der Küche und träufelt Mangos und Weintrauben aufs Lachsforellentatar, das winzig und einsam auf einem riesigen Teller liegt. Die Delikatesse bringt er dann manchen Gästen persönlich und stapft unprätentiös in einer Reihe mit den jungen Kellnern die Treppe hinauf. Einen Teller legt er dabei auf dem Unterarm ab, sodass er drei auf einmal schafft, Bucher, der einstige Tourismusschüler in Villach und Bad Ischl.

"Die Ente muss rasten"

Für den nächsten Gang lässt Bucher dann den mit Muskatnuss verfeinerten Kartoffelteig ins Fett gleiten und prüft mit der Zange immer wieder die farbliche Entwicklung der Knödel. "Goldbraun" sollen sie werden, steht im Kochbuch, deren Rezepte, wie er betont, alle von ihm selber entwickelt und gekocht wurden. Diesen Dienstag ließ Bucher für die große Tischgesellschaft freilich die Profis vorbereiten und vorkochen. "Die Ente wurde vorher abgebraten, die muss rasten", erläutert Bucher und lupft die Knödel aus der Pfanne.

Etwa 50 Leute speisen heute mit dem BZÖ, darunter so illustre Gäste wie Ex-Dancing-Star Marika Lichter, Ex-Chefredakteur Ronald Barazon und Angelika Mlinar, die Chefin der Ex-Parlamentspartei Liberales Forum. Aber auch wenn Society-Reporter heute keine fette Beute machen, bietet der Abend für Journalisten jedenfalls ein gefundenes Fressen.

Diese Woche wird Bucher den Kanzler treffen, er sagt, mit dem Ziel, Österreich vom Schuldenjoch zu retten. Es geht um die Schuldenbremse im Verfassungsrang. Das kleine BZÖ als Zünglein an der Waage, Bucher genießt das. Er sucht das Rampenlicht.

Gekocht wird "bürgerlich"

Die heutige Inszenierung gerät dennoch nicht zum Potpourri der Peinlichkeiten, weil Bucher einfach zu gerne kocht. Gelernt ist eben gelernt, noch heute führen die Eltern ein Hotel und Restaurant in Friesach. Und so steht Bucher auch nicht im Weg herum. Auch nicht, als einem Kellner eine Schüssel mit Bratensoße runter fällt, die dunkel auf dem Boden rollt, und der Profi-Küchenchef des Livingstone seinen Leuten Dampf macht, "Na, geht schon! Nächste machen! Weiter!" Da steht Bucher schon draußen und bugsiert auf jeden Teller ein paar Cranberries zur gebratenen Entenbrust.

Bloß einmal kann sich der kochende Klubchef den Politik-Bezug nicht verkneifen. "Ich befolge beim Kochen überhaupt keine Regeln, was ich auch oft in der Politik mache." Und dass sich Bucher als "bürgerlicher" Gourmet wähnt, ist auch kein Zufall, will der Ex-Blaue mit dem BZÖ doch vor allem vom Wählerkuchen der ÖVP naschen.

Bucher in der politischen Showküche

Dass die Küchenmitarbeiter, die miteinander in forschem Ton und auf Englisch reden, alle eine Schürze mit orangen Lettern ("Bucher's neue bürgerliche Küche") tragen müssen, scheint ihnen ziemlich egal zu sein. Das ist heute Abend eben "part oft the game". Der Mann, den dieser Ausspruch rund um Staatsbürgerschaften und Parteispenden vermutlich die Karriere kosten wird, hat auch Buchers politischer Laufbahn bekanntlich eine gehörige Delle versetzt: Uwe Scheuch. Nachdem dieser im Dezember 2009 das Kärntner BZÖ zurück zur FPÖ geführt und damit Bucher düpiert hatte, urteilte Scheuch über Bucher: "Er ist kein Frontmann, keine Kämpferfigur."

Seitdem versucht Bucher das Gegenteil zu beweisen. Mit allen Mitteln. Heute eben mit einem Kochlöffel. (Lukas Kapeller, derStandard.at, 23.11.2011)