Die Entscheidung der rumänischen Sozialdemokraten (PSD), ihren ehemaligen Parteichef Mircea Geoana auszuschließen und seine Amtsenthebung als Senatspräsident zu veranlassen führt zu ziemlicher Unruhe innerhalb der rumänischen Opposition. Geoana, der ab den 90er Jahren Botschafter in den USA, OSZE-Vorsitzender, Außenminister, PSD-Chef und zuletzt Senatspräsident war und ideologisch als Erneuerer der aus den ehemaligen Kommunistischen Partei hervorgegangenen PSD gilt, ist einer der prominentesten rumänischen Politiker.

PSD-Chef Victor Ponta, der Geoana 2010 an der Parteispitze abgelöst hatte, warf ihm wiederholt Verstöße gegen die Parteilinie vor, nachdem Geoana Anfang November einen offiziellen USA-Besuch abstattete, ohne die Parteiführung konsultiert zu haben. Geoana behauptete, Ponta selbst sei es nicht gelungen, auf diplomatischen Wegen einen Amerika-Besuch zu erwirken.

Der Konflikt zwischen den beiden PSD-Führern eskalierte, als Geoana sich weigerte, den Posten des Senatspräsidenten - laut Verfassung die zweitwichtigste Funktion nach dem Staatspräsidenten - an einen Parteikollegen abzugeben. Da für die Bestimmung eines neuen Senatspräsidenten eine Abstimmung notwendig ist, könnte die PSD den Posten an die regierenden Liberaldemokraten (PDL) verlieren. Die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses und PDL-Vizepräsidentin Roberta Anastase hatte am Mittwoch bereits erklärt, dass die Regierungskoalition bald einen eigenen Kandidaten nominieren wird.

Geoanas Ausscheiden aus der PSD sowie seine Ankündigung, möglicherweise eine neue Links-Partei zu gründen, könnten zum Austritt vieler teilweise prominenter PSD-Mitglieder führen, die sich mit ihm solidarisch zeigten. PSD-Vizepräsident Marian Vanghelie bezeichnete den Ausschluss etwa als "falsche und übereilte Entscheidung".

"Tyrannische Anwandlung"

Nach dem Parteiausschluss erklärte Geoana, Ponta sei "eine charakterlose Marionette mit tyrannischen Anwandlungen", die von konservativ eingestellten Parteigrößen wie dem Exstaatschef Ion Iliescu "manipuliert" werde. Auch wirft Geoana Ponta vor, dass er mit den Chancen der Opposition, die Wahlen zu gewinnen, "russisches Roulette spielt". Im Februar hatte die PSD mit der zweitgrößten Oppositionspartei, den Nationalliberalen (PNL) die "Sozialliberale Union" (USL) gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hatte, 2012 die Lokal- und Parlamentswahlen zu gewinnen.

Geoana hat indes gegen die Entscheidung seiner Amtsenthebung als Senatspräsident beim Verfassungsgerichtshof Einspruch eingelegt, will aber auch im Falle eines günstigen Urteils sein Amt nicht wieder aufnehmen. Eine Entscheidung wird Anfang Dezember erwartet. (Laura Balomiri aus Sibiu, DER STANDARD-Printausgabe, 25.11.2011)