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Mohamed Hussein Tantawi. Die Demonstranten wollen den Chef des Militärrates in den Ruhestand schicken.

Foto: Amr Nabil, File/AP/dapd

Den Ruhestand, in den ihn die Demonstranten vom Tahrir-Platz schicken wollen, hätte er sich redlich verdient: Feldmarschall Mohamed Hussein Tantawi erlebte seine erste Beförderung vor gut 55 Jahren, vom Soldaten zum Offizier der Infanterie, und als solcher nahm er an seinem ersten Krieg, dem Suez-Krieg 1956, teil. 1948 war der 1935 in Tanta - wie der Name Tantawi sagt - Geborene noch zu jung gewesen, bei allen anderen Kriegen gegen Israel war er dabei.

1991, längst im Generalstab, zog Tantawi noch einmal zu Felde, allerdings innerhalb der US-geführten Koalition gegen den Irak, um Kuwait zu befreien. Im gleichen Jahr wurde er Verteidigungsminister, Oberkommandierender der Streitkräfte und als Minister für die Produktion militärischer Güter der Herrscher über den riesigen militärisch-industriellen Komplex Ägyptens.

Und das blieb Tantawi zwanzig Jahre lang, immer an der Seite von Präsident Hosni Mubarak, der ja seine Wurzeln ebenfalls im Militär hatte, einer der ihren war. Für seine Loyalität handelte er sich den Spitznamen "Mubaraks Pudel" ein. Zur Minderung seines Ansehens trugen die von Wikileaks veröffentlichten Depeschen bei, laut denen die ägyptische Armee genauso erstarrt war wie das ganze politische System in Ägypten, gefangen in Inkompetenz und Mauscheleien.

Aber es gab doch einen Punkt, in dem Tantawi ganz und gar nicht mit seinem Kameraden Präsident übereinstimmte: Ebenfalls über Wikileaks wissen wir, dass der Feldmarschall, wie so viele andere in Ägypten, die Idee verabscheute, dass die Macht im Staat an Mubaraks Sohn Gamal und damit an dessen ganze korrupte Business-Clique vererbt werden sollte. Als Tantawi am 11. Februar dem Alten - metaphorisch gesprochen - die Hand auf die Schulter legte und "Khalas", Schluss jetzt, sagte, war er ihm insofern längst entfremdet.

Und danach wurde er Chef des "Höchsten Militärrats", der eins zu eins die Autorität im Staat übernahm - und sie jetzt nicht mehr so ohne weiteres wieder loslassen will. Im Februar erlebte die Popularität der "patriotischen Armee", die anders als die Polizei nicht gegen die Demonstranten eingesetzt wurde, einen Höhenflug. Skeptische Stimmen gingen unter. Heute sind die Beweggründe des Militärs schon klarer, nach Giuseppe Tomasi di Lampedusa könnte man sie so zusammenfassen: "Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, muss sich alles verändern." (Gudrun Harrer, DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2011)