Wien/Berlin/Madrid - In den Startlöchern steht sie seit langem, auf dem Vormarsch ist sie allerdings in Österreich eher langsam: die Telemedizin. In der Kardiologie gibt es jetzt ein Pilotprojekt über 13 Spitäler hinweg. Dabei geht es speziell um die Überwachung von Herzschrittmacher-Patienten im Rahmen eines "Home Monitoring". Das kann laut einer neuen Studie aus Deutschland wegen des Wegfalls vieler Ambulanzbesuche zu deutlichen Einsparungen führen.

Engmaschige Überwachung

Beim "Home Monitoring" in der Versorgung von Patienten mit chronischen Herzkrankheiten - speziell von Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz und/oder Herzschrittmachern, implantierten Defibrillatoren oder Geräten zur Resynchronisierung der Herzkammern - geht es darum, eine möglichst engmaschige Überwachung des Zustands der Kranken ohne häufige Kontrollen in Spitalsambulanzen zu gewährleisten.

Dabei werden die Daten über das Funktionieren der Implantate bzw. bestimmte Gesundheitsparameter einfach via Handy an die Klinik geschickt. Das erspart Wegzeiten und Krankenhauskosten. Auf der anderen Seite sollen die Patienten nur dann in die Ambulanz kommen, wenn dies wegen Komplikationen wirklich notwendig ist, nicht jedoch als Routine.

Einsparungspotenzial

Beim 14. Europäischen Jahreskongress der Internationalen Gesellschaft für Pharmaökonomie und -Ergebniskontrolle vor einigen Wochen in Madrid legte das deutsche Medzintechnikunternehmen Biotronik eine Studie vor, wie sich die Kosten und die Zahl der Nachsorgeuntersuchungen von Patienten mit implantierten Herzschrittmachern, Kardioverter-Defibrillatoren (ICDs) und Resynchronisationstherapie (CRT)-Implantaten in den kommenden vier Jahren entwickeln werden.

Allein die mit den Routineuntersuchungen verbundenen Kosten für Patienten und Kliniken würden sich in den Jahren 2010 bis 2015 von 106 Millionen Euro auf 142 Millionen Euro erhöhen. Wenn infolge von Home Monitoring 50 Prozent der Patienten einmal im Jahr zu einer Routinenachsorge gingen und ihre weiteren Untersuchungen per Fernnachsorge erfolgten, würde dies im Jahr 2015 eine jährliche Kostenersparnis von etwa 44 Millionen Euro für Patienten und Kliniken in Deutschland bedeuten.

Mobile Überwachung in Österreich

In Österreich wurden Mitte vergangenen Jahres mehr als 1.200 Patienten mit einem implantierbaren Herzschrittmacher oder Defibrillator werden bereits "mobil überwacht". Das sei aber viel zu wenig, betonen Fachleute. "Viel mehr Menschen und auch das Gesundheitssystem sollten vom Nutzen der neuen Technologie profitieren", erklärte damals der Kardiologe Michael Gruska als Leiter der "Taskforce Telemedizin" der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft.

Das Medizintechnikunternehmen Biotronik startete in Österreich ein entsprechendes Pilotprojekt. Die beteiligten 13 Krankenhäuser in Wien, der Steiermark, in Oberösterreich, Tirol und im Burgenland schulten Personal und installierten auf die telemedizinische Fernüberwachung ausgerichteten Ambulanzbetrieb. Im Rahmen des Versuches wurden bisher mehr als 100 Patienten auf eine fortlaufende telemedizinische Fernüberwachung im Routinebetrieb umgestellt. Das Home Monitoring-System übermittelt dem behandelnden Arzt fortlaufend alle Informationen einer bisher ambulant im Krankenhaus durchgeführten Schrittmacherkontrolle und informiert den Arzt zusätzlich auch über Normabweichungen in der Therapie.

Hohe Akzeptanz

"Die Notwendigkeit eines Ambulanzbesuches für den Patienten ergibt sich erst dann, wenn eine medizinische Intervention notwendig ist. Für den telemedizinisch überwachten Patienten bedeutet das in der Regel eine geringere Zahl an ambulanten Kontrollen im Krankenhaus", so der Kardiologe Friedrich Rauscha von der MedUni Wien am AKH.

Eine innerhalb des Projektes durchgeführte Befragung hat laut Biotronik eine bemerkenswert hohe Akzeptanz dieser neuen Technologie unter den betroffenen Patienten ergeben. 98 Prozent der Schrittmacherpatienten sind überzeugt, dass mit der Fernüberwachung ihre medizinische Versorgung besser wird, 92 Prozent der Patienten fühlen sich damit sicherer.

Rauscha: "So paradox es klingen mag, Telemedizin schafft keine Distanz zum Patienten, sondern rückt den Patienten viel näher in unser medizinisches Blickfeld, um die optimale Therapie fortlaufend sicher zu stellen und die Behandlung zu individualisieren."

Ein Problem gibt es aber in Österreich: Bisher laufen solche Telemedizin-Projekte in der Kardiologie vor allem über Spitalsambulanzen. Das wäre aber - so Gruska - gar nicht notwendig. Sehr leicht könnte das Home Monitoring auch von niedergelassenen Kardiologen durchgeführt werden. (APA/red)