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RTL-Weltmeister Ted Ligety wirft der FIS vor, nach "absoluter Kontrolle" zu streben und "ihren Willen unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit" durchsetzen zu wollen.

Foto: EPA/STEPHAN JANSEN

Der US-Amerikaner Ted Ligety handelt sich dieser Tage bestimmt jede Menge Ärger beim internationalen Skiverband ein. Der Riesentorlauf-Weltmeister wettert nämlich via Blog auf seiner Webseite gegen die FIS. Ligety befürchtet, dass die geplante Materialreform künftig nicht für mehr Sicherheit sorgen, sondern das Verletzungsrisiko weiter erhöht wird. Und der US-Amerikaner sieht sogar die Zukunft des Skisports gefährdet.

"Die Tyrannei der FIS dauert schon lang genug an. Es scheint, als verließe sie den bisherigen Weg und mache den Sport kaputt. Sie führt eine Diktatur", poltert Ligety, der dem Skiverband weiters vorwirft, nach "absoluter Kontrolle" zu streben und "ihren Willen unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit" durchsetzen zu wollen. 

Die Athleten, die Vereinigung der Ausrüster und die nationalen Verbände seien nach Ligetys Ansicht vollkommen machtlos, wenn es darum geht, "unseren Sport zum Positiven zu verändern oder gegen die Regeln der FIS aufzubegehren."

Ligety fühlt sich beim Anschneiden dieses Themas, als würde er "auf ein totes Pferd einschlagen", aber er hält es für die Zukunft des Skisports entscheidend. Im Zuge der Materialreform habe man es vor allem auf den Riesentorlauf abgesehen und das zu Unrecht, wie Ligety behauptet.

Riesentorlauf von Reglement-Änderungen stark betroffen

Nach der Studie der FIS gab es von 2006 bis 2011 36 schwerer verletzte Athleten in der Abfahrt, neun im Super G, 16 im Riesentorlauf und 11 im Slalom. Nicht in Betracht gezogen wurde jedoch, dass der Riesentorlauf die meistgefahrene Disziplin sei und obendrein aus zwei Durchgängen bestehe. Umso verwunderlicher findet es Ligety, warum gerade diese Disziplin am stärksten von der Reform betroffen sei. Nicht ganz außer Acht gelassen werden sollte jedoch die Tatsache, dass der US-Amerikaner als absoluter Spitzen-RTL-Fahrer natürlich besonders von Reglement-Änderungen betroffen sein könnte, weil nicht gewährleistet ist, dass er unter geänderten Material-Bedingungen wieder nahtlos an seine Erfolge anknüpfen wird können.

Der Mindestradius der RTL-Skier wird ab der Saison 2012/13 von 27 auf 35 angehoben, die Skilänge muss dann statt der bisherigen 185 cm mindestens 195 cm aufweisen. Ligety wirft der FIS vor, eine Studie über Verletzungen im Ski-Weltcup in Auftrag gegeben zu haben, dabei aber nur die letzten fünf Jahre in Betracht gezogen zu haben. Nach Ligetys Meinung ist dieser Zeitraum viel zu kurz um Rückschlüsse über Zusammenhänge zwischen Verletzungen und Materialentwicklung ziehen zu können.

Steigendes Verletzungsrisiko

Ligety steht mit seinen Vorwürfen freilich nicht alleine auf der Skipiste. Viele Rennfahrer lehnen die Materialänderung nach ersten Tests mit Prototypen ab. Sie werfen der FIS, die sich auf Studien der Universitäten in Oslo und Salzburg stützt, vor, einen zu tiefen Eingriff in das Reglement auf Basis unbewiesener Prognosen vorzunehmen. Durch die längeren, breiteren und deshalb auch schwieriger zu fahrenden Skier komme es zu einer erhöhten Krafteinwirkung auf die Knie, wodurch das Verletzungsrisiko noch zusätzlich erhöht statt gesenkt wird.

Schon beim Saison-Auftakt in Sölden forderte Bode Miller, einfach die Kurse langsamer und damit sicherer zu machen. "Wir schießen uns in den Fuß, wenn wir einen Schritt zurückgehen mit einer Sache, die unbewiesen ist", kritisierte Miller. Der Deutsche Günter Hujara, FIS-Renndirektor der Männer, zeigte Verständnis für die Anliegen der Athleten, machte aber klar, dass sich die FIS zur Änderung der Skier als einen ersten Schritt entschlossen habe, weil sie etwas tun müsse, um die Sicherheit der Athleten zu verbessern. Der Beschluss des FIS-Council sei außerdem nicht mehr rückgängig zu machen.

Verhaltens-Code in Planung

Für Unmut bei Ligety sorgt auch der Plan der FIS, eine Art "Code" zu entwickeln, um künftig "unzulässigem Verhalten" außerhalb des Wettkampfes Herr zu werden. Ziel ist es, bestehende Richtlinien zu verschärfen, damit dem Lästern der Athleten über soziale Netzwerke Einhalt geboten werden kann. (derStandard.at, 22. November 2011)