Berlin - Gut ein Fünftel weniger Menschen als noch 1997 haben sich im vergangenen Jahr mit dem Aidserreger HIV infiziert. Die Zahl neuer Infektionen sei um 21 Prozent auf weltweit 2,67 Millionen gefallen, heißt es im aktuellen Bericht des HIV/Aids-Programms der Vereinten Nationen (UNAIDS). Das Schweigen über HIV und Aids, das in der Vergangenheit Millionen Menschen das Leben gekostet habe, sei gebrochen, betonte UNAIDS-Geschäftsführer Michel Sidibe bei der Vorstellung des Berichts. Die Daten zeigten, dass auch während einer weltweiten Wirtschaftskrise Erfolge im Kampf gegen HIV möglich seien.

Finanzierung der Aids-Hilfe muss sich ändern

Sidibe forderte ein Umdenken bei der Finanzierung der Aids-Hilfe. Es dürfe nicht weiter ein großer Teil der Gelder in die reicheren Länder fließen, schließlich seien die meisten HIV-Neuinfektionen in Afrika zu beklagen. "Es ist Zeit für Veränderungen bei der Finanzierung der Aids-Hilfe." Mit einem neuen System könnten in den nächsten acht Jahren zwölf Millionen Neuinfektionen verhindert werden, betonte Sidibe. Mit dem sogenannten Investment Framework will UNAIDS Wege zeigen, das Geld effektiver einzusetzen.

Priorität: Behandlung von Schwangeren

Knapp die Hälfte aller Schwangeren mit HIV habe Medikamente bekommen, die eine Übertragung des Virus auf das Kind verhindern sollen, heißt es in dem Bericht. Den Erfolg zeige das Beispiel Botswana. 2003 seien dort noch 21 Prozent der Babys HIV-infizierter Mütter selbst infiziert gewesen. 2010 waren es nur noch vier Prozent - dank antiviraler Therapien für mehr als 90 Prozent der Mütter.

Die Zahl neuer Infektionen bei Kindern sank weltweit auf 390.000 - im Jahr 2001 hatte sie noch bei 550.000 gelegen. Die Zahl der Todesfälle bei Kindern unter 15 Jahren ging allein zwischen 2005 und 2010 um 20 Prozent zurück. Bei 80 Prozent der Schwangeren sei die Behandlung aber nicht optimal, warnte UNAIDS. Würde dies geändert, könne die Zahl jährlich neu infizierter Kinder sofort um 20 Prozent gesenkt werden.

SüdafrikanerInnen am stärksten betroffen

Die Gesamtzahl der Ende 2010 weltweit Infizierten und Erkrankten schätzte UNAIDS auf 34 Millionen (2001: 28,6 Millionen). Rund 68 Prozent von ihnen (22,9 Millionen) leben demnach in Afrika südlich der Sahara - einer Region, in der nur zwölf Prozent der Weltbevölkerung leben. Auf das Gebiet entfallen auch 70 Prozent der Neuinfektionen. In Südafrika leben mit geschätzt 5,6 Millionen mehr HIV-Infizierte als in jedem anderen Land der Welt. Zumindest die Zahl der Neuinfektionen sinke dort aber inzwischen stark - ebenso wie in Äthiopien, Nigeria, Sambia und Simbabwe, heißt es im neuen UNAIDS-Bericht.

Anstieg im Osten wegen Drogenkonsum

Die Zahl der HIV-Infizierten in West- und Zentraleuropa wurde mit rund 840.000 angegeben - bei 30.000 Neuinfektionen und 9.900 auf Aids zurückgehenden Todesfällen. Einen Anstieg der Infizierten um 250 Prozent von 2001 bis 2010 auf 1,5 Millionen habe es in Osteuropa/Zentralasien gegeben. 90 Prozent dieser Fälle entfielen auf Russland und die Ukraine. Ursache sei in diesen Ländern vor allem verseuchtes Drogenbesteck. Die Zahl der Aids-Toten in der Region liege inzwischen bei geschätzt 90.000 - im Jahr 2001 waren es noch 7.800.

Mehr Menschen haben Therapie-Zugang

Weltweit starben im vergangenen Jahr 1,8 Millionen Menschen an Aids. Medikamente gegen das Virus haben nach Schätzung von UNAIDS 700.000 weitere Tote verhindert. Seit 1995 seien mit den Medikamenten in den Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen insgesamt 2,5 Millionen Todesfälle verhindert worden. Rund die Hälfte der Infizierten dort hätten inzwischen Zugang zu solchen Therapien - deutlich mehr als noch zwei Jahre zuvor. Besonders gut sei die Versorgung in Ländern wie Kambodscha, Chile, Kroatien und Kuba, besonders schlecht in Staaten wie Afghanistan, Ägypten, Tunesien und der Ukraine.

Frauenrechte stärken

Ein Impfstoff gegen HIV/Aids zeichnet sich trotz jahrzehntelanger Suche noch nicht ab. Aufklärung, Vorbeugung und die Stärkung der Frauenrechte bleiben daher wichtige Mittel im Kampf gegen die Krankheit.

Österreich korrigiert Zahlen

Im Vorfeld des Welt-Aids-Tages hat auch das österreichische Gesundheitsministerium seine Aids-Statistik aktualisiert - und schlagartig nach oben korrigiert. Es geht dabei um mehr als 800 Aids-Erkrankungen und mehr als 400 Todesfälle. Der Grund, so Jean-Paul Klein, für die Epidemiologie-Registrierung verantwortlicher Experte vom österreichischen Gesundheitsministerium: Seit Beginn des Auftretens von HIV/Aids bzw. der Meldepflicht Mitte der 1980er Jahre seien Fälle und auch Todesfälle nicht immer gemeldet worden. Das hätte man jetzt durch Datenabgleich bereinigt. (APA)