Nawal and Nader Aoude.

Foto: DCL/TLC

TLC ist ein besonderer Fernsehsender. Die Programmchefs nehmen den Bildungsauftrag am amerikanischen Volk sehr ernst. Schließlich steht das Akronym TLC für "The Learning Channel." Und wir Zuschauer lernen jeden Tag dazu, sei es in der Fernsehshow "My Strange Addiction", in der Casie die Asche ihres verstorbenen Ehemanns nascht, in "Sister Wives" in der Polygamist und Ehemann Kody Zeitmanagement-Tips gibt oder in Toddlers &Tiaras" in der dreijährige Mädchen in Schönheitswettbewerben auf und abstolzieren.

TLC bietet Reality-TV vom Feinsten. Es sind Freakshows, die Fremdschämen zum Nationalsport gemacht haben. Seit einer Woche ist das Repertoire des Senders um eine Show reicher. "All-American Muslim" heißt die neue Serie und handelt von fünf arabisch-amerikanischen Familien in Dearborn, Michigan. In den nächsten acht Folgen werden uns konservative und weniger konservative Muslime erklären, was es auf sich hat mit dem Islam, dem Kopftuch und ihrer Loyalität zu Amerika.

Zu sehen ist unter anderem Fuad Zaban, ein High School Footballcoach, der jeden Drill-Sergeant in den Schatten stellt. Er ist ein ehrgeiziger Familienvater, der seine muslimischen Schützlinge selbst während des Fastenmonats Ramadans trainieren lässt - des Nachts, damit sie nicht ohnmächtig werden. Dann gebe es noch Nawal Aoude, eine werdende Mutter mit strengem Hijab, die ihren Ehemann vor der Kamera kaum zu Wort kommen lässt. Mittlerweile ist die eloquente Muslima das Aushängeschild der Sendung und wird von Talkshow zu Talkshow gereicht. Nicht zu vergessen sind die "modernen" Muslime wie Nina Bazzy-Aliahmad, eine Eventplanerin in knappen Kleidern und blonder Mähne, die vom eigenen Nachtclub träumt, und Shadia Amen, das schwarze Schaf ihrer Familie, tätowiert, geschieden, unverschleiert und im Begriff einen Iren zu heiraten, der ihretwegen zum Islam konvertieren will.

Die US-Medien überschlagen sich mit Lob für die Reality- Show. Erfrischend, Muslime mal so anders porträtiert zu sehen. Seit einem Jahrzehnt stehen sie in Amerika unter Generalverdacht. Und nun seht sie euch an die Muslime Amerikas! Sie arbeiten hart, bringen ihre Kinder zur Schule, lassen sich die Nägel machen und kommandieren ihre Ehemänner herum. So normal, dass es fast schon langweilig ist. Ausgerechnet dem Trash-Sender TLC ist gelungen, worin andere Medien bisher versagt haben: Amerikas Muslime aus der Freakecke zu holen und sie so darzustellen, wie sie sich selbst wahrnehmen, als waschechte Amerikaner. (Solmaz Khorsand, derStandard.at, 21.11.2011)