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Die Feinstaubbelastung erreicht zurzeit gesundheitsschädliche Dimensionen

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Neben Autoabgasen sind vor allem der Hausbrand und die Emissionen der Industrie für die eklatant hohen Feinstaubwerte verantwortlich - die momentane Inversionswetterlage tut ihr Übriges.

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Diese Auswirkungen kann Feinstaub im Körper haben.

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Die Luft in Österreich ist zur Zeit mit einem gefährlichen Schadstoffcocktail angereichert. Bereits seit drei Wochen werden in manchen Ballungsgebieten - Wien, Grazer und Klagenfurter Becken, Donauraum, Region um Eisenstadt und Inntalregion - alarmierende Feinstaubkonzentrationen gemessen. Die Belastung ist täglich zum Teil drei Mal so hoch, wie die EU-Grenzwerte erlauben. Ein Mediziner und Schadstoffexperte spricht auf Ö1 davon, dass es sich bereits um gesundheitsgefährdenden Smog handle. Umweltschutzorganisationen appellieren an die Politik - der Umweltminister sei gefordert, Maßnahmen zu setzen und beispielsweise Umweltzonen in Städten einzuführen.

"Angst vor Wählern"

Umweltorganisationen wie Greenpeace fordern strengere Maßnahmen zur Senkung des Autoverkehrs. Nur, wenn insgesamt weniger Autos unterwegs seien, könne der Feinstaub gesenkt werden, meint etwa Jurien Westerhoff von Greenpeace. "Fahrverbote - örtlich, zeitlich - darüber wird man nachdenken müssen. Sonst wird es nicht gelingen, das Problem in den Griff zu bekommen", so Westerhof auf Ö1. Es gebe genügend gesetzliche Möglichkeiten, doch die Umsetzung der Maßnahmen funktioniere nicht. Westerhoff führt dies darauf zurück, dass die Politiker Angst davor hätten, Wähler zu vergraulen. "Warum sind Autofahrer wichtiger als die Gesundheit der Kinder, zum Beispiel?" 

Umweltzonen für Städte gefordert

Auch Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreichs fordert auf Ö1 mehr Taten von Seiten der Verantwortlichen: "In Deutschland gibt es bereits in 48 Städten sogenannte Umweltzonen, um die Feinstaubbelastung, die durch den Verkehr verursacht wird, zu verringern. In Österreich gibt es in keiner einzigen Stadt eine Umweltzone."

In einer Umweltzone dürften etwa Fahrzeuge, die besonders viele Schadstoffe ausstoßen, nicht fahren. Diese Regelung könnte etwa mit einem Ampelsystem umgesetzt werden, so Gratzer: "Rot sind jene Fahrzeuge markiert, die besonders viele Schadstoffe verursachen, das sind die alten Fahrzeuge. Grün sind jene Fahrzeuge, die neu sind und geringe Schadstoffemissionen verursachen. Gelb/Orange sind jene Fahrzeuge, die genau dazwischen liegen. Und je nachdem ob eine Phase ist, wo die Luftbelastung, die Feinstoffbelastung sehr hoch ist, dürfen dann beispielsweise nur Fahrzeuge der besten Emissionsklassen in die Umweltzonen einfahren.

Leibnitz als Spitzenreiter

An 32 Messstellen in Österreich wurde auch der EU-Grenzwert (maximal 35 Tage mit zu hoher Feinstaubbelastung) übertroffen. Rekordhalter ist die Messstelle Lastenstraße in der steirischen Stadt Leibnitz: Dort wurde bereits an 63 Tagen eine zu hohe Feinstaubkonzentration gemessen. "Die Grenzwerte wurden heuer insbesondere zwischen Jänner und März und seit Ende Oktober überschritten", sagte Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt (UBA).

Verantwortlich für die hohe Feinstaubkonzentration sei neben dem Straßenverkehr, dem Hausbrand und den Abgasen aus der Industrie auch die Wetterlage "Die anhaltende Hochdruckwetterlage mit einer flachen Inversionsschicht und niedrigen Windgeschwindigkeiten erhöht die Feinstaubkonzentration in der Luft", erklärt Schneider, Programmleiter Wirtschaft und Wirkung im UBA.

"Gesundheitsgefährdender Smog"

Als Gradmesser gilt der sogenannte "PM10 Wert", mit welchem die Feinstaubkonzentration in der Luft gemessen wird. Obwohl dieser Wert pro Tag 50 Mikrogramm/Kubikmeter nicht überschreiten darf, gibt es derzeit etwa in Wien eine Schadstoffbelastung von 150 Mikrogramm/Kubikmeter. Heuer wurde bereits bei 67 von 142 Messstellen der österreichische Jahresgrenzwerte (maximal 25 Tage mit zu hoher Feinstaubbelastung) überschritten.

Aufgrund dieser Messwerte spricht Hans Peter Hutter, Umweltmediziner von der Medizin-Universität Wien, bereits von "gesundheitsgefährdendem Smog". Laut Hutter könnten die momentan hohen Konzentrationen große Probleme für die Lunge (Bronchitis und Asthmaanfälle) als auch das Herz-Kreislauf-System (Herzinfarkt) bedeuten. Zusätzlich würden sich die Feinstaubpartikel im Gewebe des Körpers (vor allem in Leber, Niere und auch Gehirn) festsetzen.

Autofreie Tage und weniger Heizen

Was man als Einzelner tun könne, beschreibt Umweltmediziner Hutter folgendermaßen: Weniger heizen und eine Raumtemperatur 22 Grad nicht überschreiten; nur Autofahren, wenn es wirklich sinnvoll und zweckmäßig ist. Zudem sollte man in der Wohnung möglichst wenige Kerzen, Räucherstäbchen oder Zigaretten anzünden. Auch Back- und Bratvorgänge könnten eine Feinstaubquelle darstellen. Abhilfe schaffe etwa häufiges Feuchtwischen.

Einen Appell richtet Hutter aber auch an die Politiker, dass sie Rückgrat zeigen und auch unbequeme Maßnahmen fordern sollen, wie etwa Tempolimits oder autofreie Tage. Auch wenn niemand solche Aktionen wolle, seien sie sinnvoll, so der Umweltmediziner - denn: "Es ist definitiv eine Signalwirkung, dass auch die Politik sagt: 'Hier haben wir ein Problem und wir tun etwas.'" (red/APA, derStandard.at, 22.11.2011)