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Der Tahrir-Platz in Kairo war im vergangenen Frühjahr Symbol für die Demokratisierungsbewegung. Nun, wenige Tage vor den Wahlen, geht die Polizei wieder mit großer Brutalität gegen Demonstranten vor. 

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Mohamed Hussein Tantawi, Ägyptens "starker Mann".

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Mehrere Kandidaten haben ihre Wahlkampagne bereits eingestellt.

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Treibende Kraft war wieder einmal die Facebook-Generation, die schon die Revolution im vergangenen Jänner in Gang gesetzt hatte. Und die Szenen vom Wochenende erinnerten auch erneut an den Aufstand, der Wochen später zum Sturz von Hosni Mubarak führte: Eine wütende Menge liefert sich Straßenschlachten mit der Polizei auf dem Tahrir-Platz und in den angrenzenden Seitenstraßen von Kairo. Sicherheitskräfte prügeln, setzen Tränengas und Gummigeschoße ein; Steine fliegen, Polizeifahrzeuge gehen in Flammen auf. Es gibt fast tausend Verletzte und mindestens fünf Tote. Im Internet rufen Aktivisten wortreich auf, sich den Protesten anzuschließen.

Der aufgestaute Ärger über die zunehmende Repression des Militärs machte sich am Wochenende explosionsartig bemerkbar und erfasste auch andere Städte in Ägypten, allen voran Alexandria, Suez und Assuan.

Am Samstagmorgen hatte die Polizei ein kleines Sit-in von vielleicht 200 Angehörigen der Revolutionsopfer auf dem Tahrir-Platz mit äußerster Brutalität aufgelöst. Das war der Zündfunke für die Unruhen, nachdem eine Großdemonstration am Freitag friedlich zu Ende gegangen war.

Die anschließenden Demonstrationen waren spontan und unkoordiniert - keine der großen Parteien steckte dahinter. Diese riefen eher zu Zurückhaltung auf, wie etwa die Muslimbrüder. Sie verurteilten die Polizeiaktion aber ebenso scharf wie die Präsidentschaftsanwärter Mohammed ElBaradei und Amr Mussa.

Die Menge bezeichnete die Einsatzkräfte als Rowdies und Diebe und verlangte den Rücktritt des Militärratsvorsitzenden Feldmarschall Mohamed Hussein Tantawi. Die Forderung der Demonstranten: ein Ende der Militärregierung mit einem klaren Zeitplan für der Übergabe der Macht an eine reguläre, zivile Regierung.

Machtbewusstes Militär

Der Weg dorthin sollte über ein gewähltes Parlament führen mit Wahlen, die am 28. November beginnen. Mit einer Liste unabänderlicher Verfassungsprinzipien, die Sondervollmachten für die Armee festschreiben, schürt der Militärrat aber Zweifel, ob er tatsächlich bereit ist, sich zurückzuziehen. Er hat den Ausnahmezustand nicht aufgehoben und tausende Zivilisten vor Militärgerichten verurteilt. "Keines der Ziele der Revolution - Menschenrechte, Freiheit und Würde - ist erreicht" , begründete ein älterer Herr in einer TV-Sendung seine Anwesenheit auf dem Tahrir-Platz.

Die Jugendkoalition des 25. Jänner hat wieder Zelte aufgestellt und verkündet, man werde den Tahrir-Platz besetzen, bis ihre Forderungen erfüllt seien. Viele ihrer Kandidaten haben ihre Kampagne aber eingestellt. Andere junge Aspiranten auf einen Sitz in der Abgeordnetenkammer haben es ihnen gleichgetan - aus Furcht.

Die Regierung hat aber über das staatliche Fernsehen verlauten lassen, dass der Urnengang trotz der angespannten Sicherheitslage wie geplant am 28. November beginnen wird. (Astrid Frefel aus Kairo /DER STANDARD, Printausgabe, 21.11.2011)