"Look! Nice cal! Fellali!", sagte der chinesische Autoauskenner zu seinem Kumpel und zeigte auf das Pferd im Emblem dieses bisher noch nie gesehenen Sportwagens. "Nix Ferrari", kontert Porsche mehr amüsiert als konsterniert - allerdings prangt, um Missverständnissen dieser Art im schon bald schon größten Porsche-Absatzmarkt, China also, vorzubeugen, am Heck des neuen 911 wie in alten Zeiten ein breiter Porsche-Schriftzug. Im Rest der Welt ist Verwechslungsgefahr, und sei sie auch nur emblematischer Natur, kein Thema, 911 ist Porsche, Porsche ist 911, trotz aller neuen und noch kommenden Baureihen.

Foto: Werk

Bestens kennt man den 911 etwa in Kalifornien, größter Einzelmarkt im bisher noch größten Porschemarkt (USA). Als Reverenz an die treue Kundschaft verlegte man die internationale Fahrpräsentation von Carrera / Carrera S in den Sonnenstaat, für die Österreicher ließ sich auch Rallyesportlegende Walter Röhrl einfliegen, Porsches Abstimmungsfeintuning-Genie.

Foto: Werk

Da haben sie also oben am Hangar in Santa Maria einen Testparcours errichtet, auf dem sich demonstrieren lässt, was der 911 fahrdynamisch draufhat. Meister Röhrl pilotiert mit ruhiger Hand in utopischen Tempobereichen und erläutert dabei seelenruhig, was hier Sache ist. Sache ist: So dynamisch war ein 911 noch nie, und wär's nicht peinlich, müsste man Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz zitieren: "Dies ist der beste 911 aller Zeiten." Imposant, diese Balance, speziell, wenn man die beim Carrera S erhältliche aktive Wankstabilisierung "Porsche Dynamic Chassis Control" (PDCC) ordert, was hiermit empfohlen sei.

Foto: Werk

Komplett neu konstruiert wurden die Vorder- und Hinterachsen, einen weiteren Beitrag zu noch mehr Sportlichkeit (bei zugleich erstaunlicher Alltagstauglichkeit) leisten der 100 mm verlängerte Radstand und die 52 Millimeter breitere Spur vorne.

Foto: Werk

Abtrieb schafft Vortrieb

Der deutlich breitere, variabel ausfahrende Heckspoiler erzeugt erstmals schon beim Basismodell Abtrieb, Abtrieb schafft Vortrieb, vor allem aber Quertrieb - richtig, auch in Sachen Querdynamik stößt der Carrera in neue Dimensionen vor, mit Röhrl am Steuer sowieso, der G-Kompass registriert, welche Gravitationskräfte gerade am Insassen zerren, und wenn die Nürburgringrundenzeit mit 7:40 Minuten um gleich 14 Sekunden unterm Vorgänger liegt, lässt sich ausmalen, was für ein geniales Gerät Porsches Ingenieure da auf die Räder gestellt haben.

Foto: Werk

Innen herrscht so viel Platz, dass selbst der lange Walter Röhrl seine Beine unterbringt, "das geht inzwischen ganz gut", und in Summe verfügt das Fahrzeug über ein Potenzial, mit dem nur ganz wenige (Super-)Sportwagen halbwegs mithalten können - dazu dann noch dieser Motorsound! Schwierig, bei einem atmosphärisch derart aufgeladenen Auto nicht enthusiastisch zu werden.

Foto: Werk

Verschwiegen haben wir noch eine weitere Hauptursache von so viel Kraft und Herrlichkeit: Leichtbau. Eigentlich hätte der 911 um knapp 60 kg schwerer werden müssen als bisher, weil größeres Auto und mehr drin. Tatsächlich wurde er 40 kg leichter, Porsche hat da richtig viel Geld in die Hand genommen, will die Gegner da "um Eckhäuser" abhängen. Die neue Schlankheit spiegelt sich auch im Design (bis hin zu den fast filigran wirkenden Heckleuchten), eindeutig 911 und eindeutig frischer Ansatz, auch da ist der Wagen besser in Form denn je.

Foto: Werk

Dann war da noch der Antrieb. Motoren, Getriebe. Boxer mit 3,4 (Carrera) und 3,8 l Hubraum (Carrera S), entspricht 350 und 400 PS. Hat da wer Spritsäufer gesagt? Von wegen! Die Motoren verbrauchen bis zu 1,5 l/100 km weniger als bisher - erstmals liegt ein 911 mit 8,2 l/100 km beim CO2-Ausstoß unter 200 g/km: 194 g/km, auch das eine Ansage, vielleicht an die Grünen.

Foto: Werk

Und geschaltet wird per 7-Gang-PDK (Doppelkupplungsgetriebe) mit nochmals reduzierten Schaltzeiten – sowie, Weltneuheit, 7-Gang-Schaltung. Fazit 911: "Fellali" nein, "Nice cal" ja. Und wie! (Andreas Stockinger/DER STANDARD/Automobil/18.11.2011)

Foto: Werk

Link: Porsche

Foto: Werk