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Sebastian Kehl hat mit dem BVB alle Höhen und Tiefen mitgemacht.

Foto: Andreas Schaad/dapd

Dortmund - Mit viel Mut und neuem Selbstbewusstsein werde Meister Borussia Dortmund in das Bundesliga-Gipfeltreffen beim Tabellenführer Bayern München am Samstag (18.30 Uhr/Sky und Liga total!) gehen. Das bestätigte BVB-Kapitän Sebastian Kehl in einem Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst. Darüber hinaus blickte der dienstälteste Borusse auf die kommende Woche mit dem Champions-League-"Endspiel" beim FC Arsenal, dem Derby gegen Schalke 04 und auch seine persönliche Zukunft.

Frage: "Sebastian Kehl, am Samstag steigt das Bundesliga-Gipfeltreffen Tabellenführer Bayern München gegen den Zweiten Borussia Dortmund, Rekordmeister gegen Meister. Mit welchen Gefühlen sehen Sie dem Topspiel entgegen?"

Sebastian Kehl: "Zunächst einmal mit viel Vorfreude. Wir haben ja derzeit einen guten Lauf, nachdem wir nicht so gut in die Saison gestartet sind. Aber mittlerweile spielen wir wieder nicht nur attraktiven, sondern auch erfolgreichen Fußball."

Frage: "Fußball-Deutschland, die Bundesliga-Konkurrenz und vermutlich selbst die Schalker werden der Borussia die Daumen drücken, damit die Bayern an der Spitze nicht enteilen. Wie geht die Mannschaft mit der Erwartungshaltung um?"

Kehl: "Ob uns die Blauen am Wochenende wirklich die Daumen drücken, wage ich zu bezweifeln. Und es ist sicherlich so, dass die Bayern in dieser Saison einen souveränen Eindruck machen. Aber wir beschäftigen uns jetzt nicht mit der Erwartungshaltung anderer. Wir haben in der vergangenen Saison gezeigt, dass wir sie an einem guten Tag schlagen können."

Frage: "Der BVB ist seit sechs Spielen unbesiegt, hat 16 von 18 möglichen Punkten geholt und kann mit breiter Brust nach München fahren. Reicht das Selbstvertrauen, um dort wie im Februar erneut gewinnen zu können?"

Kehl: "Wir brauchen natürlich Mut, müssen an uns glauben, unser Spiel durchziehen und läuferisch wieder an unsere Grenzen gehen. Wir wissen, dass es nicht leicht wird. Aber wir wissen auch, dass wir in München bestehen können."

Frage: "Nach dem Bayern-Spiel geht es zum nächsten Champions-League-'Endspiel' nach London, und dann kommt Schalke. Das sind drei Knaller innerhalb von acht Tagen. Ist das die erste echte Bewährungsprobe für den BVB in dieser Saison?"

Kehl: "Das ist sicherlich eine wichtige Phase, aber wichtige Phasen hatten wir auch schon in den vergangenen Wochen. Wir hatten vier englische Wochen hintereinander und haben sie erfolgreich abgeschlossen. Aber die Spiele gegen die Bayern und gegen Schalke stehen unter einem besonderen Stern und sind brisant. Das Spiel in Arsenal ist die letzte Chance, noch einmal anzugreifen, vielleicht doch noch einen der ersten beiden Gruppenplätze zu belegen. Wir können in den drei Spielen einiges gewinnen, aber wir können auch viel verlieren."

Frage: "Vor dem Hintergrund des Aufwärtstrends in der Liga: Was trauen Sie der Mannschaft in dieser Saison zu?"

Kehl: "Wir haben gezeigt, dass wir den guten und erfolgreichen Fußball der letzten Saison bestätigen können, dass es keine Eintagsfliege war und die Mannschaft ein wahnsinniges Potenzial hat. Und wir haben gelernt, dass wir uns auch als deutscher Meister alles neu erarbeiten müssen. Wir sind auf einem richtig guten Weg, obwohl wir wissen, dass es derzeit nur eine Momentaufnahme ist. Denn nach den nächsten beiden Bundesligaspielen kann entweder wieder ein Riesenhype abgehen, sie können aber auch die Stimmung dämpfen."

Frage: "Sie zählen nach Jahren mit zahlreichen Rückschlägen wieder zum Stammpersonal des BVB. Bei wie viel Prozent Ihrer Leistungsfähigkeit sind Sie angelangt?"

Kehl: "Das ist schwierig zu beantworten. Ich habe die Länderspielpause genutzt, um noch mal zuzulegen. Ich finde wieder meinen Rhythmus und die Einsatzzeiten helfen wahnsinnig dabei. Ich würde sagen, dass meine Kurve nach oben zeigt, aber ich bin noch nicht da, wo ich sein kann."

Frage: "Sie sind der Dienstälteste im aktuellen Kader der jungen Borussia. Wie würden Sie Ihre Rolle definieren?"

Kehl: "Zunächst einmal bin ich Kapitän, das hat jedoch weniger mit dem Alter zu tun. Das ist eine besondere Position in einem besonderen Verein, die mich stolz macht. Ich führe zudem viele Gespräche, vermehrt auch mit den jungen Spieler, versuche zu unterstützen, zu helfen und meine Erfahrung gerade in schwierigen Situationen weiterzugeben. Aber das ist nicht nur in der Rolle als Kapitän begründet, sondern auch eine charakterliche Eigenschaft von mir. Trotzdem finde ich, dass unsere jungen Spieler schon sehr selbstständig sind. Sie agieren sehr professionell, haben ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein, aber auch an Zurückhaltung und sind für ihr Alter schon sehr weit."

Frage: "Sie haben in Ihrer Profi-Laufbahn und besonders bei Borussia Dortmund schon einige Trainer erlebt. Was macht Jürgen Klopp aus?"

Kehl: "Es ist nicht einfach, Trainer miteinander zu vergleichen. Aber Jürgen Klopp ist jetzt dreieinhalb Jahre hier und hat Wahnsinniges geleistet. Als er herkam, war der Verein sportlich weit entfernt erfolgreich zu sein und den Ansprüchen eines so großartigen Klubs zu genügen. Durch seine Art, mit Menschen umzugehen und fußballerische Begeisterung herbeizuführen ist der Verein wieder auf einen richtig guten Weg gelangt und wird nicht nur in Deutschland wieder sehr geschätzt. Zusammen mit Michael Zorc und Hans-Joachim Watzke hat er die Ruhe und den Erfolg wieder zurückgebracht."

Frage: "Im Januar stehen Sie zehn Jahre beim BVB unter Vertrag, haben von zwei Meisterschaften bis zu einer Fast-Pleite alles erlebt. Was hat Sie über all diese Jahre beim BVB gehalten?"

Kehl: "Diesen Verein in den letzten Jahren zu beschreiben, ist schon verrückt. Wir haben hier ein Wellenbad der Gefühle erlebt, so wie bei keinem anderen Verein in der Liga. Besonders in den schlechten Phasen habe ich erfahren, was der Verein für diese Region bedeutet, was er auch mir bedeutet und meiner Familie. Meine beiden Kinder sind hier groß geworden. Wir fühlen uns hier heimisch. All das, was den Verein mit den Fans ausmacht, hat mich über die Jahre hier gehalten. Sicher gab es mal Phasen, in denen ich überlegt habe, ob ich einen anderen Schritt gehen soll. Aber ich habe es nie bereut, dass ich bei Borussia Dortmund geblieben und ein Teil dieses großen Vereins geworden bin. Vielleicht dauert dies ja auch noch etwas länger an."

Frage: "Ist Dortmund die letzte Station Ihrer Karriere?"

Kehl: "Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass es im Fußball sehr schnell gehen kann. Mein Vertrag läuft im nächsten Sommer aus. Wir haben aber bis jetzt noch keine Gespräche geführt. Für mich ist es wichtig die guten Leistungen aus den letzten Wochen zu bestätigen, und weiterhin auf mich aufmerksam machen zu können. Denn ich möchte, wenn ich gesund bleibe, noch ein paar Jahr spielen." (SID)