Die Uganderin Lydia Wapp will in einem Sozialberuf in Österreich Fuß fassen.

Foto: Richard Kromp

Im Leben von Lydia Wapp drehte sich im vergangenen Sommer alles ums Deutschlernen. Die gebürtige Uganderin hatte in den letzten Jahren als Zimmermädchen in verschiedenen Hotels gearbeitet und in ihrer knapp bemessenen Freizeit ehrenamtlichen Sozialdienst geleistet. Mit Anfang vierzig entschloss sie sich schließlich, noch einmal eine Ausbildung zu beginnen, um endlich hauptberuflich in den Gesundheitsbereich wechseln zu können. Im September hat sie den Aufnahmetest zur Pflegehilfeausbildung bestanden.

Für Lydia Wapp ist es ein großer Erfolg, in den zweijährigen Lehrgang zur Sozialbetreuerin und Pflegehelferin bei der Caritas in Wien aufgenommen worden zu sein - nicht nur weil sie es dank der Prüfungsvorbereitungen geschafft hat, den Aufnahmetest auf B1-Niveau zu bestehen, sondern auch weil sie sich dadurch einen langgehegten Wunsch erfüllt: "Ich wollte immer Krankenschwester werden, aber in Uganda brauchte man dazu in den Fächern Physik, Chemie und Biologie die besten Noten - und die habe ich nicht gehabt." Also machte die heute zweifache Mutter nach der Schule eine Tourismusausbildung.

Vor sechs Jahren zog es die heute 41-Jährige der Liebe wegen nach Österreich. Ihre beiden Kinder sollten bei den Großeltern in Uganda bleiben - so lange, bis es möglich geworden wäre, auch für sie ein Visum zu bekommen. Doch die Ehe hielt nicht lang: "Die Familie meines Exmannes hat wegen meiner Hautfarbe immer Stress gemacht. Wir haben alles versucht, aber am Ende war das alles zu viel für uns." Nach der Scheidung hätte sie nach Uganda zurückgehen können, doch sie entschloss sich wegen besserer Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten zu bleiben.

Inzwischen ist Österreich ihr zweites Zuhause geworden. Doch ihr Dasein als "telefonische Mutter", wie sie sagt, mache ihr sehr zu schaffen. Um einen Visumantrag für ihre Kinder stellen zu können, muss sie ein Einkommen von 1000 Euro netto nachweisen. "Als Zimmermädchen habe ich nur 800 Euro verdient und in diesem Bereich gab es keine Möglichkeit für mich, beruflich weiterzukommen. Außerdem hatte ich wenig Kontakt zur deutschen Sprache, ich habe immer nur Bettwäsche und Kühlschränke gesehen."

Magische 1000-Euro-Grenze

Noch zwei Jahre lang wird es dauern, bis Lydia Wapp die magische 1000-Euro-Grenze überschreiten kann. Ausgebildete PflegehelferInnen bekommen in Österreich sofort einen Job, und die Verdienstmöglichkeiten liegen bei 1400 bis 1700 Euro brutto. Neben der Aussicht auf die Möglichkeit, dann ein Visum für ihre Kinder zu bekommen, begeistert sich die angehende Pflegehelferin sehr für die Arbeit mit Menschen, die dringend Hilfe benötigen. Wenn sie die Wahl hätte, würde Lydia Wapp später gerne in einem Spital arbeiten, "weil es dort nicht nur ältere, sondern auch junge Menschen zu betreuen gibt. Es würde mich sehr freuen, den Fortschritt zu sehen, wenn ein Siebenjähriger nach einer Krankheit gesund wird und wieder zur Schule gehen kann."

Im Rahmen der Ausbildung bekommen die LehrgangsteilnehmerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache drei zusätzliche Deutschstunden pro Woche. Doch der Einstieg in den Pflegeberuf wird trotz vieler Praktikumsstunden nicht leicht werden, meint die zielstrebige Uganderin: "Um auch die Dialekte zu verstehen, braucht man wirklich gutes Deutsch. Ich hoffe, ich schaffe das."

Ob Lydia Wapp nach dem Abschluss ihrer Ausbildung tatsächlich in Österreich bleiben und ihre beiden Kinder zu sich holen kann, wird sich zeigen. Sie könne sich nicht gänzlich darauf verlassen, dass sich in zwei Jahren die Gesetzeslage nicht wieder verändert hat. "Vielleicht muss ich dann Walzertanzen lernen", scherzt Lydia. Wenn sie mit ihren Kindern nicht in Österreich leben kann, zieht sie auch eine Rückkehr nach Uganda in Erwägung. (Jasmin Al-Kattib, 15. November 2011, daSTANDARD)