Den Ratingagenturen sei Dank. Und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nur der Druck von außen hat bewirkt, dass sich diese Koalition zu notwendigen Schritten durchringt. SPÖ und ÖVP haben in den vergangenen Monaten gezeigt, dass sie aus eigenem Antrieb zu keinem Kraftakt fähig sind.

Ohne die Festlegung beim EU-Gipfel am 26. Oktober und ohne den angeblich drohenden Verlust des Triple-A-Ratings wären Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger weiter in ihrer Passivität verharrt. Mit den Ratingagenturen und der EU haben sie Schuldige, auf die sie bei den zu erwartenden Protesten wegen der Sparmaßnahmen zeigen können.

Dass die Bundesregierung die Bundesländer und Gemeinden nicht vorab informiert hat, spricht dafür, dass in Wien der Ernst der Lage nun doch erkannt wurde. In den vergangenen Monaten ist ohnehin der Eindruck entstanden, der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (und die Kronen Zeitung) regiere Österreich. Mit dieser Ankündigung haben Faymann und Spindelegger das Heft des Handelns übernommen. Hätten sie sich in einen für Österreich so typischen Konsultationsprozess begeben, bei dem dann auch die Sozialpartner hätten mitreden können, dann wäre nichts oder nur sehr wenig herausgekommen.

Die Gefahr besteht ohnehin noch, dass Faymann und Spindelegger der Mut verlässt, zumal 2013 ein Wahljahr ist. Als überzeugte, wackere Kämpfer haben sich die beiden bei ihren fast skurril wirkenden TV-Auftritten im Duett am Montagabend nicht präsentiert. Fast schien es, als müssten sie sich gegenseitig Zuspruch spenden.

Bisher gibt es nur das prinzipielle Bekenntnis der Regierenden, nicht weiter so viel Geld auszugeben, so als würde es kein Morgen geben. Mit zwei Milliarden pro Jahr gibt es auch ein konkretes Sparziel. Ab nun beginnen die Mühen der Ebenen: Nicht nur die Koalition ist uneins, wie diese Summe erreicht werden kann. Länder und Gemeinden haben bereits Bedenken angemeldet, auch die Oppositionsparteien wollen einen Preis für eine Zustimmung zur Schuldenbremse im Parlament. Mindestens eine weitere Partei brauchen SPÖ und ÖVP, wollen sie das Ziel, wie angekündigt, in der Verfassung verankern. Je breiter der Schulterschluss, desto besser. Länder und Gemeinden müssen auf jeden Fall ihren Beitrag zur Schuldenbremse leisten, sonst ist sie obsolet.

Das Vorhaben ist eine große Chance, endlich strukturelle Reformen im Gesundheitsbereich wie etwa bei der Zahl der Spitäler anzupacken, über Verwaltung und Föderalismus ohne Tabus zu diskutieren und das Pensionssystem zukunftstauglich zu machen. Nach den ersten Stunden ist aber zu befürchten, dass sich die Koalition nach dem Paukenschlag wieder im Klein-Klein verliert: Die ÖVP will vor allem bei den Ausgaben sparen, die SPÖ will via Vermögenssteuern auch zu mehr Einnahmen kommen. Bei den Zahlen anzusetzen reicht ohnehin nicht. Die Reformagenda ist lang. Sie muss endlich abgearbeitet werden.

Warum die Koalition sich nicht schon für das nächste Jahr Sparmaßnahmen vornimmt, muss angesichts der abflauenden Konjunktur und der Entwicklungen in der Eurozone verwundern. Wie die Ereignisse in den vergangenen Monaten gezeigt haben, gestehen die Finanzmärkte nicht viel Zeit zu, um notwendige Schritte zu setzen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.11.2011)