Teekannen, Gläser, Häferl, Teller, Vasen und Windlichter: Beim Betreten des Geschäfts feinedinge in Wien-Margareten fühlt man sich in eine andere Welt versetzt.

Foto: derStandard.at/Schersch

Wohin man auch blickt, sind Objekte aus Porzellan arrangiert - eines liebevoller gestaltet als das andere. Alles ist händisch gefertigt, und durch kleine, feine Unterschiede sind alles Unikate.

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Geschäftbesitzerin Sandra Haischberger produziert Tableware und Wohnobjekte aus Porzellan. Das Geschäft beherbergt sowohl die Werkstatt als auch den Verkaufsraum. Ordentlich angeordnet stehen Gipsformen neben gebrannten und glasierten Objekten, alles in Reih und Glied. "Die Arbeit mit Porzellan erfordert sehr viel Genauigkeit und Ordnung. Eine gewisse Präzision und Strukturiertheit ist in diesem Beruf unerlässlich", sagt die Produktdesignerin.

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Die vielen Arbeitsschritte, die sich hinter einem fertigen Produkt verbergen, sehen Kunden oft nicht. "Tassen, die einen Euro kosten, dürfte es nicht geben. Das ist nur unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen möglich", ist Haischberger überzeugt. Denn auch wenn viele Fertigungsprozesse automatisiert ablaufen, ist die menschliche Arbeitskraft nicht gänzlich ersetzbar - und doch in vielen Ländern kaum etwas wert.

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Die Absolventin der Meisterklasse Produktdesign der Angewandten schätzt, ein Stück bei der Erzeugung rund 135-mal in den Händen zu haben. Der überwiegende Teil der Herstellungskosten kommt durch den hohen Arbeitszeit- und Energieaufwand zustande. Zeitintensive Bearbeitungsschritte und vor allem die langen Brennzeiten bei hohen Temperaturen verursachen ein Gros der Ausgaben.

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Haischberger hat daher mittlerweile auf Energie aus Wasserkraft umgestellt, um bei allen Arbeitsschritten möglichst nachhaltig zu handeln. Von industriellem Design grenzt sich feinedinge klar ab: "Bei uns soll sichtbar bleiben, dass die Produkte in Handarbeit entstehen", so Haischberger. Handarbeit heiße eben nicht, dass jedes Produkt exakt so aussehe wie das daneben. Leichte Unregelmäßigkeiten und kleine Unterschiede in Form, Farbe und Dekor machen jedes Stück zum Unikat.

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Seit der Gründung von feinedinge im Jahr 2005 hat sich viel getan: Mittlerweile hat die Unternehmerin vier Mitarbeiterinnen (rund zwei Vollzeitstellen), die im Betrieb helfen. Vor einigen Jahren übersiedelte das Geschäft von einem kleinen Atelier mit rund 30 Quadratmetern in das aktuelle Geschäft in dreifacher Größe. Jetzt wird der Platz bereits wieder knapp. "Je größer das Unternehmen wird, desto weiter entferne ich mich von der Arbeit, die ich gerne mache und die den Kern des Betriebs bildet", sagt Haischberger und plant daher in nächster Zeit keine Expansion.

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Der zur Verfügung stehende Platz müsse eben noch besser genutzt werden. Durchdachte Regalsysteme sollen für die Porzellanobjekte in den verschiedenen Fertigungsstadien so viel Raum wie möglich schaffen - und Fertigungsschritte gibt es bei der Herstellung eines Porzellanstücks genügend.

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Der Fertigungsprozess beginnt bereits vor der eigentlichen Herstellung. Denn zuallererst braucht es eine Form, in die die Porzellanmasse gegossen wird. "Die Herstellung einer Gipsform ist sehr aufwendig und nimmt viele Stunden in Anspruch. Bei komplizierteren Objekten kann es sogar Tage dauern", erklärt die Keramikkünstlerin. Die Formen für kompliziertere Stücke können aus vielen Einzelteilen bestehen und bilden das Negativ zum fertigen Gegenstand - sind daher hohl.

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Die flüssige Porzellanmasse wird in eine Gipsform gegossen, der Gips entzieht der Keramikmasse Wasser, wodurch sich am Formenrand eine Art Haut bildet. Nach einigen Minuten wird die Porzellanmasse ausgeleert, übrig bleibt ein mehrere Millimenter starker Rohling, der in der Form klebt. Je länger die Masse in der Form bleibt, desto dicker wird die Ablagerungsschicht.

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Der Rohling bleibt so lange in der Form, bis er stabil genug zum Herausnehmen ist. Noch während er in der Form ist, werden die ersten Retouchen vorgenommen. Nun spricht man von einem lederharten Zustand.

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Am lederharten Rohling werden Korrekturen vorgenommen: Ränder werden gerade geschnitten, Nähte, die durch mehrteilige Formen entstehen, mit Werkzeugen und Schwämmen entfernt, das Stück sauber geputzt.

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Löcher für Windlichter oder Lampen werden ebenso am lederharten Rohling mit speziellen Bohrern gemacht.

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Wenn die Rohlinge weiter trocknen, werden sie stabiler und sind nicht mehr ganz so empfindlich im Umgang.

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Die harten Rohlinge werden nun feiner retouchiert - unter anderem mit Schleifpapier, Schwamm und Wasser.

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Danach werden die Rohlinge im Rohbrand bei 980 Grad gebrannt. Nach diesem ersten Brand spricht man nicht mehr von Rohlingen, sondern von Scherben. In diesem Zustand werden oft noch kleinere Korrekturen vorgenommen. Das Material ist porös und saugt gut - ein Vorteil für das Glasieren.

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Sandra Haischberger verwendet für ihre Produkte ausschließlich transparente Glasuren. Soll ein Produkt farbig sein, verwendet sie eingfärbtes Porzellan. "Deckende Glasuren nehmen dem Stück viel an Charme. Ich möchte das Material dahinter sehen und nicht durch eine Glasur verdecken", so die Unternehmerin.

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Die Werke werden in die Glasur getaucht - je nachdem, wo die Glasur gewünscht ist. Viele Porzellanobjekte sind nur teilweise glasiert. Bei den roséfarbenen Zuckerdosen im Bild sind die Innenseiten und der Deckel glasiert, die Außenseite ist unglasiert und poliert.

Die glasierten Scherben werden ein zweites Mal gebrannt, diesmal mit einer höheren Temperatur von rund 1.270 Grad. Nach dem Glasurbrand hängt es vom Dekor ab, ob ein weiterer Brennvorgang nötig ist.

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Soll das Geschirr mit Motiven bedruckt werden, geschieht dies mittels Siebdrucks. Die Dekore werden auf ein Transferpapier gedruckt, auf das Porzellan aufgebracht und nochmals bei 800 Grad gebrannt.

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"Ich arbeite wahnsinnig gerne mit Porzellan. Das Material lässt viel Raum zum Experimentieren", sagt Sandra Haischberger begeistert. Es gefällt ihr, alte und neue Materialien zu mischen. So entstand auch die Idee für die Lampen aus durchscheinendem Limoges-Porzellan mit eingearbeiteten antiken Spitzen.

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Das Endergebnis des traditionsreichen Berufs ist alles andere als altmodisch - und doch überkommt einen beim Anblick der feinen Dinge die Lust auf ein gutes altes Teekränzchen.

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feinedinge* Shop und Atelier
Sandra Haischberger

Krongasse 20
1050 Wien

Öffnungszeiten
Montag bis Mittwoch 11.00 bis 18.00 Uhr
Donnerstag, Freitag 11.00 bis 19.30 Uhr
Samstag 11.00 bis 17.00 Uhr

Preise und weitere Informationen unter www.feinedinge.at

(Ursula Schersch, derStandard.at, 31.1.2012)

Foto: Robert Marksteiner