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Ein Kritikpunkt: die niedrige Geburtenrate und: Österreich mache es Immigranten schwer, sich zu integrieren

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Wien - Explodierende Staatsschulden, Bonitätsherabstufungen, Zweifel am Euro: Was die wirtschaftliche Entwicklung der Eurozone betrifft, jagt seit Monaten eine Hiobsbotschaft die andere. Ganz so schlimm ist es aber nicht: "Übersteht die Eurozone die schwere Krise, könnte sie zu einer viel ausbalancierteren und dynamischeren Region werden als bisher", heißt es im am Dienstag präsentierten "2011 Euro Plus Monitor" der Berenberg Bank und des Brüsseler Thinktanks Lisbon Council. Österreichs Wirtschaft wird dort als durchschnittlich gesund eingestuft. Bei der Strukturanpassung landet Österreich jedoch auf dem letzten Platz.

In den vergangenen Jahren habe es hierzulande kaum Anpassungsbemühungen gegeben, so die Studienautoren. Als weiterer Schwachpunkt wird der hohe Anteil an Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) angeführt, ebenso der überdurchschnittlich hohe Regulierungsgrad im Produktions- und Dienstleistungssektor sowie die niedrige Geburtenrate. Und: Österreich mache es Immigranten schwer, sich zu integrieren.

Insgesamt sei Österreichs Wirtschaft aber ausgereift. Im Ranking zur wirtschaftlichen Gesundheit, in das u. a. das Wachstumspotenzial, die Beschäftigungsrate sowie der Konsum eingerechnet werden, landet Österreich auf Platz 8 von 17 und liegt mit 5,6 Punkten leicht über dem Schnitt der Eurozone (5,5 Punkte). Am solidesten steht Estland da, gefolgt von Luxemburg und Deutschland.

Weniger dynamisch als Deutschland

Die heimische Wirtschaft ist nach Einschätzung der Forscher weniger dynamisch als die deutsche, aber in "erheblich besserer Verfassung" als die französische und italienische. Positiv hervorgehoben wird etwa die "ausgezeichnete" Entwicklung des Arbeitsmarkts, besonders die geringe Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit. Weitere Stärken: Die geringe Konsumneigung, die niedrige Privatverschuldung im Vergleich zum BIP sowie der sehr geringe Anstieg der Lohnstückkosten in den Jahren von 2002 bis 2010.

Als großes Manko sehen die Experten die sehr geringen Reformbemühungen der vergangenen Jahre. Im Anpassungsvergleich erzielt Österreich lediglich 2,1 Punkte. Zum Vergleich: Der Eurozonendurchschnitt liegt bei 3,2 Punkten, Estland, das auch dieses Ranking anführt, kommt auf 8,4 Punkte von 10 theoretisch möglichen. Auf Platz zwei mit 6,6 Punkten landet das strudelnde Griechenland, gefolgt von Irland, Malta und Spanien. Vorletzter ist Deutschland mit nur 2,2 Punkten. Wobei die Studienautoren anmerken, dass ein niedriger Punktestand zweierlei bedeuten könne: Ein Land hat sich nicht angepasst, weil es nicht wollte - dies sei bei Frankreich (Platz 15 von 17) der Fall - oder ein Staat hatte derartige Bemühungen weniger notwendig, weil er wirtschaftlich so gut dasteht. Dies treffe auf Österreich und Deutschland zu. Die geringe Punktezahl der beiden Länder bei den Anpassungsbemühungen sei Teil der Annäherung der Eurozone-Länder, schreiben die Experten.

Bei den externen Anpassungsbemühungen - Änderung der Export/Import-Bilanz sowie Anstieg des Exportanteils am BIP - landet Österreich auf dem 11. Platz und liegt mit 3,2 Punkten leicht über dem Eurozonenschnitt (3,0 Punkte). In der Unterkategorie Haushaltsdefizit ist Österreich - gemeinsam mit Belgien - Schlusslicht (1,6 Punkte, Schnitt: 4,5 Punkte). Das bedeutet, dass Österreich in den vergangenen Jahren kaum Sparanstrengungen unternommen hat. Puncto Änderung der Arbeitskosten belegt Österreich den 14. Platz (1,6 Punkte, Schnitt: 2,2 Punkte). (APA)