Wien/Madrid/Rom - Das klamme Spanien musste Anlegern bei einer Anleihenauktion am Dienstag die höchsten Zinsen seit 1997 bezahlen. Bei dem Verkauf von Geldmarktpapieren mit einer Laufzeit von bis zu 18 Monaten im Gesamtvolumen von 3,16 Milliarden Euro verlangten Investoren einen Zins von mehr als fünf Prozent von Madrid. Zuletzt hatten die Renditen noch deutlich unter vier Prozent gelegen.

Auch am Sekundärmarkt, wo bereits verkaufte Schuldtitel gehandelt werden, kam Spanien gehörig unter Druck. Die Anleihenkurse sackten weiter ab. Da sich bei Anleihen Renditen und Kurse gegengleich bewegen, bedeutet das einen weiteren Anstieg des Renditenniveaus. Spanien müsste Investoren derzeit 6,33 Prozent Zinsen bezahlen, um Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren loszuwerden.

Spanien kämpft seit Ausbruch der Wirtschaftskrise mit massiven Problemen: Jeder Fünfte ist ohne Job, die Wirtschaft stagniert und soll heuer nur um 0,7 Prozent wachsen. Die Verschuldung des Landes ist mit 70 Prozent der Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Rest der Eurozone allerdings moderat. Die spanische Regierung hat eine Reihe von Sparpaketen verabschiedet die für zunehmende Proteste in der Bevölkerung sorgen. So hat etwa am Dienstag Ärzte und Krankenhauspersonal in Katalonien einen zweitägigen Streik begonnen. Der Streik richtet sich gegen die vorgesehenen Haushaltskürzungen von knapp einer Milliarde Euro im Gesundheitssystem Kataloniens.

Allerdings war Spanien am Dienstag nicht das einzige Land, das auf den Märkten unter Druck geriet. Italien erging es noch schlimmer. Die Renditen für zehnjährige italienische Anleihen lagen zeitweise wieder über sieben Prozent. An den Märkten werden solch hohe Renditen als untragbar für ein Euro-Land angesehen. Marktteilnehmer berichteten von neuerlichen Interventionen der Europäischen Zentralbank (EZB), die mit Stützkäufen versucht, die Situation zu stabilisieren.

Das Misstrauen der Anleger hat inzwischen auch die vergleichsweise sicheren Euro-Staaten erreicht. Investoren trennten sich am Dienstag im großen Stil von Anleihen aus Frankreich, den Niederlanden und Österreich.

Panik am Markt

Von der Verkaufswelle wurden auch belgische sowie finnische Papiere erfasst. Händler sprachen von "Panik" und "Hysterie". Die Risikoaufschläge dieser Länder gegenüber deutschen Bundesanleihen kletterten auf das höchste Niveau seit der Einführung des Euro im Jahr 1999.

Die Rendite zehnjähriger französischer Anleihen stieg von 3,43 auf 3,674 Prozent an, bei österreichischen Anleihen stieg die Rendite von 3,4 auf 3,7 Prozent. Allerdings lagen die österreichischen Renditen am vergangenen Freitag zeitweise bereits über vier Prozent. Wegen der höheren Unsicherheit an den Rentenmärkten verteuerten sich auch die Kreditausfallversicherungen (CDS, Credit Default Swaps) für französische und andere Papiere. (Reuters, red, DER STANDARD Print-Ausgabe, 16.11.2011)