Die Regierungsspitze hat sich zu einer Notoperation am Budget entschlossen: Um Österreichs Bonität zu retten, soll die Schuldenbremse in der Verfassung verankert werden. Ein scharfer Sparkurs soll folgen.
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Wien - Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger traten am Montagabend gemeinsam vor die Kamera, um ihrem Vorhaben die gebotene Bedeutung zu verleihen: Die Schuldenbremse soll noch am Dienstag im Ministerrat beschlossen werden, verkündeten die beiden. Noch sei keine Gefahr im Verzug, versicherten Kanzler und Vizekanzler, es gelte aber die Bonität Österreichs abzusichern.
Am Nachmittag hatte das Gerücht die Runde gemacht, Österreich könnte seinen Triple-A-Status verlieren. Am Dienstag stehe eine Entscheidung der Ratingagentur Standard & Poor's an, das Triple-A-Rating stehe auf Messers Schneide. Als Grund dafür wurde Österreichs starke Abhängigkeit des heimischen Exports und der Banken von Italien genannt.
Spindelegger versicherte dagegen, dass die Höchstbewertung Triple A halten werde, dennoch müsse Österreich Maßnahmen ergreifen, um die Bonität abzusichern. Der erste Schritt: Die 60 Prozent Schulden-Obergrenze ab 2020 und möglichst rasch ein ausgeglichener Haushalt über den Konjunkturzyklus hinweg soll in der Verfassung verankert werden. Ein strikter Sparkurs stehe bevor, bei dem auch Länder und Gemeinden mitmachen müssten. Wie genau die Schuldenbremse ausgestaltet werden soll und wie die Sparmaßnahmen ausschauen könnten, wollten weder Faymann noch Spindelegger präzisieren. Der Vizekanzler sprach die Pensionen und insbesondere die Frühpensionen an, auch bei der Verwaltung müsse gespart werden. Von einem Sparpaket könne aber noch keine Rede sein.
Im Kanzleramt bezeichnete man die Gerüchte, dass eine Herabsetzung der Bonität durch Standard & Poor‘s bevorstehe, als Unsinn, bestätigt wurde, dass Vertreter der Ratingagentur Moody‘s am Mittwoch zu ersten Konsultationen in Wien erwartet werden.
Um die Schuldenbremse auch tatsächlich in der Verfassung verankern zu können, brauchen die Regierungsparteien die Unterstützung der Opposition. Die Grünen haben bereits abgewunken, sie sind gegen diese Maßnahme, FPÖ und BZÖ könnten einen entsprechenden Beschluss im Parlament aber mittragen.
Bis vor kurzem hatte sich die SPÖ noch dagegen ausgesprochen, die Schuldenbremse in der Verfassung festzuschreiben. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) hatte erst vergangene Woche im Standard-Interview erklärt, die Schuldenbremse soll nicht in der Verfassung Eingang finden, um bei Sondersituationen auch mit einfacher Mehrheit im Parlament abweichende Maßnahmen beschließen zu können. In der SPÖ heißt es, das ursprüngliche ÖVP-Modell sei abgewendet, jetzt werde eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild umgesetzt. In der Verfassung werden das Ziel und die Höhe des Defizits fixiert, die technische Umsetzung werde in einfachen Gesetzen festgelegt.
Offen ist noch, wie man die Schuldenbremse auf das föderalistische System in Österreich umlegt und die Länder verbindlich einbindet. Im Entwurf des Finanzministeriums ist vorgesehen, dass auch die Länder künftig Finanzrahmen beschließen müssen, an die sie sich zu halten haben.
Unklar bleibt vorläufig, wie der Sparkurs des Bundes aussehen könnte. Die ÖVP drängt auf Maßnahmen bei der Frühpensionund will bei der ÖBB sparen, die SPÖ führt eine Gesundheitsreform ins Treffen und drängt einmal mehr auf Vermögenssteuern.
Mit den Pensionistenvertretern wurde am Montagabend im Kanzleramt bei einer letzten Verhandlungsrunde eine moderate Pensionsanpassung von 2,7 Prozent bis 3300 Euro vereinbart, mindestens soll es 1,5 Prozent mehr geben. (Michael Völker/DER STANDARD, Printausgabe, 15.11.2011)