Berlin - Das erst vor wenigen Wochen ausgehandelte Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz steht offenbar infrage. Ein Sprecher des deutschen Finanzministeriums bestätigte am Montag, dass beide Länder wieder auf hoher Arbeitsebene über diese Vereinbarung verhandeln. Mit dem Abkommen sollte der über Jahres währende Streit um deutsche Steuerfluchtgelder auf Schweizer Bankkonten beigelegt werden. Grund für die neuen Gespräche ist der Widerstand der SPD-geführten Bundesländer, die zu weitgehende Zugeständnisse an deutsche Steuerflüchtlinge geltend machen. Offen ist dem Finanzministerium zufolge auch noch, wann das Abkommen, dem die Bundesländer zustimmen müssen, vom Bundeskabinett behandelt wird.

Derzeit arbeite die deutsche Bundesregierung daran, in Gesprächen auf verschiedensten Ebenen die Bundesländern von dem Abkommen zu überzeugen, sagte ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Ziel bleibe, das Abkommen zum 1. Jänner 2013 in Kraft zu setzen. "Diese Gespräche finden selbstverständlich auch mit der Schweizer Seite statt", ergänzte er. Zum Inhalt wollte der Sprecher nichts sagen. Er könne nur in allgemeiner Form einen Bericht des Magazins "Der Spiegel" bestätigen, in dem von Nachverhandlungen mit der Schweiz die Rede gewesen war. Auch über den Stand der Gespräche mit den Bundesländern wollte sich der Sprecher nicht äußern. Dem Steuerabkommen muss der Bundesrat, in dem die rot-schwarze Bundesregierung keine Mehrheit mehr hat, zustimmen.

Deutscher Fiskus soll anonym verdienen

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin erklärte: "Dass Schäuble nachverhandeln muss, ist das Einverständnis, dass er mit seiner Generalamnestie für Steuerflüchtlinge bei Schweizer Banken keine Chance im Bundesrat sieht." Es seien aber keine "hilflose Nachbesserungen eines bilateralen Ablasshandels für Steuerflucht" nötig. Vielmehr müssten klare europäische Regeln für die Besteuerung von Kapitaleinkommen unter Offenlegung aller Quellen aufgestellt werden.

Schäuble versucht in den Gesprächen mit den Ländern laut "Spiegel" zu verhindern, dass der Vertrag mit der Schweiz scheitert. Das Abkommen regelt, wie das Schwarzgeld deutscher Steuersünder in der Schweiz besteuert werden soll und was Hinterzieher zahlen müssen. Es sieht vor, dass Kapitalerträge deutscher Steuerbürger in der Schweiz künftig wie in Deutschland besteuert werden. Alte Schwarzgelder von Deutschen sollen mit einem einmaligen Pauschalbetrag von 19 bis 34 Prozent, der an den deutschen Fiskus fließt, anonym abgegolten werden.

Schäuble will dem Magazinbericht zufolge durchsetzen, dass die deutschen Finanzbehörden künftig öfter als vereinbart die Hilfe der Schweiz beim Verdacht auf Steuervergehen in Anspruch nehmen können. Bund und Länder wollten ihren Streit in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe bis Anfang 2012 beilegen. (APA)