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"Shenzhou 8" nach seiner Landung in der Inneren Mongolei. Mit dem chinesischen Raumschiff ist auch eine deutsche Versuchsanlage mit 17 wissenschaftlichen Experimenten zurückgekehrt. An dieser Kooperation kommt nun Kritik aus den USA.

Foto: Xinhua, Li Gang/AP/dapd

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Archivbild vom ersten Andocken Anfang November: Auf einem Überwachungsbildschirm ist links oben das Raummodul "Tiangong 1" kurz vor dem Andocken mit dem Raumschiff "Shenzhou 8" (rechts oben) zu sehen.

Foto: REUTERS/CCTV via Reuters TV

Peking - Das chinesische Raumschiff "Shenzhou 8" ist am Donnerstag aus dem All zurückgekehrt. Es hatte unter anderem eine deutsche Anlage zur Erforschung der Schwerelosigkeit mit an Bord. Chinesische und deutsche Raumfahrtvertreter zogen eine positive Bilanz ihrer ersten Kooperation im All. In den 17 Tagen im All hatte das "Magische Schiff" auch zweimal an dem Raummodul "Tiangong 1" (Himmelpalast) angekoppelt. Damit ist China dem Bau einer Raumstation bis 2020 einen großen Schritt näher gekommen. Während die Regierung in Peking einen "wichtigen Meilenstein" für Chinas bemannte Raumfahrt feierte, regt sich in den USA Kritik über die deutsch-chinesische Kooperation.

Das Fernsehen zeigte Livebilder einer Infrarotkamera von der Kapsel, die in der abendlichen Dunkelheit an einem großen Fallschirm in Richtung Erde schwebte. Mit einer großen Staubwolke setzte die Kapsel auf dem Boden auf und blieb auf der Seite liegen. Hubschrauber und Fahrzeuge mit Bergungstrupps eilten zur Landestelle im Siziwang Banner der Inneren Mongolei, einer autonomen Region Chinas. Nach der Landung musste die "Simbox" genannte deutsche Versuchsanlage schnell mit einem Hubschrauber in ein Labor nach Peking gebracht werden.

Deutsch-chinesische Zusammenarbeit mit Perspektive

Die Zusammenarbeit sei "schon heute eine Erfolgsgeschichte", sagte Projektleiter Markus Braun vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) der Nachrichtenagentur dpa in Peking. Die gemeinsame Forschung mit China habe "große Perspektiven und ein großes Potenzial", ergänzte er. "Wir sind sicher, dass wir erst am Anfang einer intensiven Zusammenarbeit stehen. Es gibt schon etliche Ideen."

"Mit der 'Simbox' haben wir den Sprung über die chinesische Mauer gewagt und Deutschland eine neue Partnerschaft in der bemannten Raumfahrt eröffnet", sagte DLR-Vorstandsmitglied Gerd Gruppe. Die neue Kooperation mit China erweitere die Möglichkeiten deutscher Wissenschafter, im Weltraum zu forschen. "Ich sehe dies weniger als einen Wettbewerb zu unseren langjährigen, bewährten Kooperationspartnern USA und Russland, sondern als Ergänzung."

Erfolgreiche Experimente

Deutschland ist das erste Land, das eine Kooperation mit China im All aufnimmt. Nie zuvor ist eine ausländische Versuchsanlage auf einem chinesischen Raumschiff mitgeflogen. Die "Simbox" mit 17 biologischen und medizinischen Experimenten hat nach DLR-Angaben "reibungslos" und "fehlerfrei" funktioniert. Pflanzen, Fadenwürmer, Bakterien und menschliche Krebszellen wurden der Schwerelosigkeit und der Strahlung des Weltraums ausgesetzt.

Wissenschafter der Universitäten Erlangen, Hohenheim, Magdeburg, Tübingen und Hamburg, Freiburg sowie der Charite Berlin sind an den Versuchen beteiligt. Neben sechs rein deutschen Experimenten gab es zwei Kooperationen mit China: Forscher der Universitäten Erlangen und Wuhan untersuchten in einem Mini-Ökosystem mit Algen und Schnecken die Stoff- und Energieflüsse.

Auch kristallisierten Wissenschafter der Universität Hamburg und des Instituts für Biophysik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in der Schwerelosigkeit medizinisch relevante Proteine. Die Forscher erhoffen sich Ansatzpunkte, um Wirkstoffe gegen ein heute bereits weitgehend antibiotika-resistentes Bakterium und gegen Malaria-Erreger zu entwickeln.

China schreitet schnell voran

Mit dem erfolgreichen Rendezvous im All steigt China nach den USA und Russland zur dritten Nation auf, die diese Technologie beherrscht. Obwohl das erste Andockmanöver der USA mit "Gemini 8" bereits 45 Jahre zurückliegt, sehen Fachleute schnelle Fortschritte: "China gewinnt sehr schnell an Boden", sagte der australische Experte Morris Jones. Chinas Raumfahrttechnologie habe sich "bei einer sehr schwierigen Aufgabe als verlässlich erwiesen", sagte Jones. China könne jetzt Langzeitflüge mit Astronauten ins Auge fassen.

Auch wenn China heute auf dem Stand des amerikanischen "Gemini"-Programms der 60er Jahre stehe, könne es schnell aufholen, sagte auch die Professorin Joan Johnson-Freese vom US Naval War College der dpa. "China kann die Lernkurve schneller nehmen, weil es nur Kunststücke nachmacht, die andere schon gemacht haben."

=> Kooperation mit China stößt auf Vorbehalte

Kooperation mit China stößt auf Vorbehalte

Der Erfolg der ersten deutsch-chinesischen Kooperation hat unterdessen eine neue Debatte ausgelöst: Sollen andere Länder mit China im All zusammenarbeiten? Besonders in den USA gibt es großen politischen Widerstand. Die Gegner einer solchen Kooperation haben sicherheitspolitische Bedenken, empfinden die junge Raumfahrernation eher als strategischen Gegenspieler. Immerhin steht Chinas Raumfahrtprogramm auch unter dem Kommando der Volksbefreiungsarmee. Chinas Generälen ist wie ihren Kollegen in den USA bewusst, wie wichtig der Weltraum für die Kriegsführung der Zukunft ist.

Dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) geht es bei seiner "bahnbrechenden" Kooperation mit China allerdings allein um wissenschaftliche Forschung in der Schwerelosigkeit. "Sicherheitsrelevante Technologien spielen hier keine Rolle", sagt das DLR-Vorstandsmitglied Gerd Gruppe der Nachrichtenagentur dpa in Peking. "Die Zusammenarbeit sehen wir als Chance - denn mit China ergibt sich eine dritte Option für Weltraummissionen neben den USA und Russland." Auch die deutsche Politik begrüße die Kooperation.

"In der Tat gibt es auf amerikanischer Seite zum Teil Vorbehalte, wenn es um die Zusammenarbeit mit China geht", räumt Gruppe ein. Seit ein paar Wochen werde das Thema aber "durchaus unterschiedlich diskutiert". Tatsächlich hat sich sogar Nasa-Chef Charlie Bolden nach dem Start von "Shenzhou 8" für eine mögliche Forschungskooperation mit China ausgesprochen, die auch eine Brücke zwischen beiden Ländern bilden könnte. Er nannte dafür die Vermeidung von Weltraummüll, Antworten auf Notfälle im All oder wissenschaftliche Projekte.

"Die USA werden sich nicht mit China einlassen"

Der US-Raumfahrtbehörde sind aber die Hände gebunden. Der einflussreiche Kongressabgeordnete Frank Wolf hatte in den diesjährigen Nasa-Haushalt schreiben lassen, dass kein Geld in eine Wissenschaftskooperation mit China fließen dürfe. Der Republikaner begründete dies mit Chinas Aufstieg zur Militärmacht und auch mit Menschenrechtsverletzungen. Aber deuten die Äußerungen des Nasa-Chefs eine mögliche Wende an? "Ich sehe keine Hinweise dafür", ist sich der australische Raumfahrtexperte Morris Jones sicher. "Die USA werden sich nicht mit China einlassen."

Nach seinem ersten Andockmanöver im All enthüllte China, dass sein Kopplungsmechanismus auch mit dem der Internationalen Raumstation ISS kompatibel sei. Das hieße, dass ein chinesisches Raumschiff an der Gemeinschaftsplattform andocken könnte. "Es gibt Bemühungen unter den Raumfahrernationen, bestimmte Ausrüstung zu standardisieren - auch falls es einen Unfall gibt", sagt die Raumfahrt- und China-Expertin Joan Johnson-Freese vom US Naval War College in Newport der dpa. "Doch wird die Politik, nicht die Technologie über das Potenzial einer künftigen Kooperation entscheiden."

"Eine Kooperation mit der ISS hängt vom Zustand des allgemeinen Verhältnisses zwischen den USA und China ab", glaubt Dean Cheng von der US-Denkfabrik Heritage Foundation in Washington. Da 2012 aber nicht nur die USA mit der Präsidentenwahl, sondern auch China mit seinem Generationswechsel im politischen Übergang steckten, seien die Aussichten für eine Kooperation in dieser heiklen Phase eher gering.

Geld spielt für China keine Rolle

Während die USA, Europa und Russland ihre Raumfahrtprogramme aus Kostengründen zurückfahren, baut China seine Aktivitäten im All stetig aus. Außer einer Raumstation um 2020 und einem globalen Navigationssystem sind auch Flüge zum Mond geplant. Geld spielt für die zweitgrößte Wirtschaftsmacht kaum eine Rolle - anders als in Demokratien, wo die Regierungen gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ihre Mühe haben, die Öffentlichkeit vom Nutzen der kostspieligen Raumfahrt zu überzeugen.

"Dabei ist der Weltraum eines der wenigen Bereiche, wo der Gewinn dem investierten Kapital entspricht oder sogar höher liegt, wenn Arbeitsplätze und Technologie berücksichtigt werden", ist Professorin Johnson-Freese überzeugt. China profitiere nicht nur technologisch und wirtschaftlich, sondern auch politisch. "China erntet beträchtliches Prestige durch das Raumfahrtprogramm, was sich in geopolitischen Einfluss und innenpolitische Glaubwürdigkeit umsetzt." (red/APA)