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Klaus Tschütscher (44), Jurist, ist seit 2009 Regierungschef von Liechtenstein und u. a. für Finanzen und Familien zuständig.

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Standard: Beim G-20-Gipfel in Cannes kamen die Steueroasen wieder aufs Tapet. Gerät Liechtenstein erneut unter Druck?

Tschütscher: Mit seinen Aussagen steht Nicolas Sarkozy aber alleine da. Liechtenstein ist auf gutem Weg, das wurde uns vom Global Forum der OECD ausdrücklich bescheinigt. Hausaufgaben gibt es noch in kleineren Bereichen, die wir auch schon angepackt haben.

Standard: Sie setzen stark auf bilaterale Abkommen, um Schwarzgelder reinzuwaschen. Am bekanntesten ist jenes mit Großbritannien. Wie funktioniert das?

Tschütscher: Der Kunde muss sich bis 2015 in die Steuerkonformität begeben. Der Treuhänder oder Finanzdienstleister muss ihn darauf aufmerksam machen. Willigt der Kunde nicht ein, wird die Geschäftsbeziehung beendet, ohne dass es zu einer Meldung an die britischen Behörden kommt. Damit kommt Großbritannien zu Steuereinnahmen und wir leisten einen Beitrag, um ein nachhaltig sauberer Finanzplatz zu werden. Der Steuersatz steigt, je näher wir an das Jahr 2015 heranrücken. An die 2000 britische Staatsbürger haben von diesem Abkommen schon Gebrauch gemacht. Wenn der Kunde die vorteilhaften Bedingungen nicht nutzen will, muss er sein Glück aber anderswo versuchen.

Standard: Die Schweiz plant mit Deutschland die Legalisierung von Schwarzgeldern. Ist das ein Vorbild für Ihre Gespräche mit Wien?

Tschütscher: Da laufen Gespräche. Einerseits zum Doppelbesteuerungsabkommen, auch die Steuerkonformität ist ein Thema.

Standard: Wie wirken sich die Abkommen auf den in der EU geplanten Informationsaustausch aus?

Tschütscher:Wir haben allen europäischen Staaten den Informationsaustausch auf Anfrage angeboten, das Abkommen liegt seit zwei Jahren auf dem Tisch. Wenn Drittstaaten OECD-Standards einhalten, kommt es innerhalb der EU auf Basis der geltenden Zinsbesteuerungsrichtlinie zum automatischen Informationsaustausch. Das scheint einigen Staaten - u. a. Österreich und Luxemburg - Schwierigkeiten zu machen. Mit bilateralen Abkommen können bessere Lösungen erzielt werden als mit dem reinen Datenaustausch. Automatischer Informationsaustausch ist mehr eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.

Standard: Mit EDV-Hilfe kann man leicht Risikoprofile anlegen.

Tschütscher: Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Wenn, dann müsste man alles verarbeiten. (Andreas Schnauder, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 14.11.2011)