Gegner von Verschwörungstheorien haben es wieder einmal schwer. Die US-Ratingagentur Standard & Poor's soll Frankreich ganz aus Versehen heruntergestuft haben? Noch mehr Zweifel weckt, dass die Experten von S&P zwei Stunden brauchten, um ihren Fehler zu korrigieren. Schließlich weiß jeder: Wankt Frankreichs Triple-A-Rating, dann wankt der Euro selbst.

Freilich gibt es keine Beweise dafür, dass S&P einen perfiden Plan verfolgt. Das würde auch wenig Sinn machen. Das Unternehmen zielt schließlich auf Marktanteile und Gewinn ab. Als größte Ratingagentur der Welt war in den vergangenen Jahren beides reichlich vorhanden, eine politische Agenda war dafür gar nicht notwendig.

Der Vorfall zeigt dennoch deutlich, dass Europa seine Abhängigkeit von den Agenturen dringend reduzieren sollte. Denn in der Vergangenheit waren die Ratingagenturen nicht einmal imstande, vor den elementarsten Gefahren in der Finanzwelt (Stichwort Lehman Brothers) zu warnen.

Mehr noch, ihr gesamtes System hakt. Die Agenturen bewerten nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen und lassen sich das fürstlich bezahlen. Das weckt zu Recht Zweifel an ihrer Objektivität, denn sie agieren dabei alles andere denn transparent. Auch behaupten sie, ihre harten Urteile stets auf Grundlage von "hard facts" zu fällen. Werden sie kritisiert oder wie in den USA gar geklagt, berufen sie sich darauf, nur Meinungen abzugeben. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 12./13.11.2011)