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Der Ferrari wird oft versprochen...

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...meistens sieht man ihn aber nur von hinten.

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Wien - Zu seinen besten Zeiten hatte er 500 Finanzkeiler unter sich, er war im Topmanagement von zwei deutschen Strukturvertrieben tätig - unter anderem bei AWD. Nach einem Zerwürfnis stieg er aus der Branche aus. Seine Lebensgeschichte hielt Maximilian von Ah im Roman "Geld fressen Seele auf" fest - wobei der Name nur ein Pseudonym ist.

Am Donnerstagabend war von Ah auf Einladung des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) in Wien zu Gast und schilderte, dass es bei Strukturvertrieben "wie bei Sekten" zugehe. Das Grundübel aus seiner Sicht: Die Mitarbeiter, in der Regel "freie Agenten" , werden in finanzielle Abhängigkeit geführt. Bezahlt werden sie grundsätzlich nur auf Provisionsbasis. Da die ersten Provisionen aber oft erst sechs Monate nach Anbahnung eines Geschäfts ausbezahlt werden, bekommen sie ihr Geld zunächst nur auf Kreditbasis. Für das Darlehen werden Zinsen verrechnet - "somit setzt die Negativspirale ein" , meint von Ah. Man sei gezwungen, immer neue Kunden zu bringen, um nicht auf den Rückständen sitzenzubleiben.

Die Schulung der Mitarbeiter baue stark auf psychologischen Elementen auf. Mitarbeiter sollten "keine Produkte, sondern eine positive Vision" verkaufen. Gefragt werde nicht: "Wollen Sie eine Lebensversicherung?" Sondern: "Wie würde es Ihnen gefallen, wenn Sie im Alter keine Miete mehr bezahlen müssten?" Wer wenig Kunden bringt, kann schon mal vor versammelter Mannschaft zur Rede gestellt werden. Wer erfolgreich ist, wird mit Geschenken belohnt - "das kann schon mal ein Ferrari für ein Wochenende sein" .

Die tatsächliche Finanzausbildung findet laut dem Insider außerhalb der Strukturvertriebe statt. Die Entscheidung, welche Produkte einem Kunden angeboten werden, treffe ohnehin ein Computerprogramm, auf das die kleinen Mitarbeiter keinen Einfluss haben. AWD hat die Vorwürfe am Freitag zurückgewiesen.

Peter Kolba vom VKI kennt ähnliche Geschichten aus Österreich. Hierzulande sind Klagen gegen AWD in Sachen Immofinanz-Aktien und gegen andere Strukturvertriebe in Sachen MEL anhängig. Kolba plädiert für ein Verbot des Provisionssystems. Dieses biete automatisch Anreize, jene Produkte zu verkaufen, die die höchsten Provisionen für die Vermittler abwerfen. (go, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 12./13.11.2011)