Als Raritäten getarnte Skizzen: Die Herren von Pink Floyd sollen nun mit diversen Neu-Editionen ihrer Alben die Kassen füllen.

Foto: EMI

Wien - Der EMI-Konzern ist gerade zerschlagen worden. Der nach Sony, Universal Music und Warner kleinste der vier großen Unterhaltungskonzerne der Welt geht von den Musikverlagsrechten her für 1,6 Milliarden Euro an Sony. Das Tonträgergeschäft hat sich Universal für die stolze Summe von 1,4 Milliarden Euro gesichert.

Angesichts künftiger Marktentwicklungen und eines de facto nicht mehr bestehenden Willens jüngerer Semester, für Musik abseits halblegaler Downloads oder Streamings Geld auszugeben, wird es spannend, ob sich das tatsächlich rechnet.

Gerade im Hitparadenpop hat man es mit einem Publikum zu tun, das eher befremdet reagiert, wenn es zum Geburtstag eine CD geschenkt bekommt - wo man sich doch auf Downloadpartys am Nachmittag gleich tausende Lieder für eine Dose Mateschitz und ein Schleckeis kopieren kann.

Der seit Jahren in der Krise befindliche EMI-Konzern schaffte es zwar in letzter Zeit nach zähen Verhandlungen, den Werkkatalog der Beatles online zu stellen. Und EMI schaffte es auch, nach dem Abgang von Robbie Williams, in den man 120 Millionen Euro Vorschuss investiert hatte und wegen dem tausende Mitarbeiter entlassen wurden, andere noch halbwegs für Umsätze sorgende Künstler (u. a. Katy Perry) zu halten. Der Kaufpreis der Tonträgervermarktungsrechte von EMI, den Universal Music jetzt zahlte, verdankt sich allerdings alter Popmusik.

Maximale Wertschöpfung

Man hofft auf maximale Wertschöpfung aus dem bis ins letzte unveröffentlichte Studiofitzelchen auf teuren CD-Boxen ausgebeinte Gesamtwerk der Beatles. Zu diesem gesellen sich jetzt Erlöse aus dem legalen Downloadbereich, ständig neu edierte Best-of-Kompilationen sowie die jeweils auf den neuesten Stand in Sachen Klangtransparenz gebrachten Studioalben der Band. Sir Paul McCartney hat sich zwar als Solokünstler gerade noch rechtzeitig von EMI verabschiedet. Finanziell wirklich schlecht kann es ihm aber nicht gehen. Er hat gerade wieder geheiratet. Ehefrau Nancy Shevell ist Transportunternehmerin, dürfte also mit der Logistik des Absatzes von Tonträgern mittelbar vertraut sein.

Vor allem auch dann, wenn man zu viele CDs produziert, die man außer in den Wochen vor Weihnachten nicht absetzen kann und dann für teures Geld lagern muss. Noch bevor EMI zu existieren aufhört, ist man allerdings noch auf eine äußerst lukrative Idee bezüglich der zweiten alten Hausband des Labels gekommen.

Die altehrwürdigen, seit Jahrzehnten in Rente befindlichen Pink Floyd haben genau jenes auf dem Bezahlmusikmarkt verbliebene Publikum, das auch so begeistert auf Luxuseditionen der Musik der Beach Boys, oder diverse 25th-, 30th- und 40th-Anniversary-Editionen berühmter Alben der Rockgeschichte anspricht. Es handelt sich hierbei um grundsätzlich in der sogenannten Lebensmitte stehende Herren mit gutem Einkommen, die sich die Neuauflage ihrer Jugend aus Amazon-Paketen holen wollen.

Bevor also drüben bei Universal mit der fünfteiligen Neuauflage des legendären Albums Some Girls der Rolling Stones oder der Rockoper Quadrophenia von The Who am Weihnachtsgeschäft kräftig partizipiert werden wird, sind noch bei EMI alle 14 regulären Alben von Pink Floyd remastered in hervorragender Klangqualität erschienen.

Nachdem Keyboarder Richard Wright 2008 verstarb, Drummer Nick Mason lieber Autos sammelt und Bassist Roger Waters und Gitarrist David Gilmour beide unabhängig voneinander solo alte Pink-Floyd-Hits spielen und sich gegenseitig ein bisserl sehr hassen, wird es wohl zu keinem Comeback kommen. Wieder einmal ein Best-of-Album zusammenzustoppeln und dazu die empfehlenswerten CD-Boxen der in den 1970er-Jahren zu Tode gespielten Alben Dark Side Of The Moon und Wish You Were Here zu veröffentlichen, bevor im Februar noch The Wall dazukommt, zeugt aber von einem: Das letzte Gefecht der Musikindustrie wird auf dem Nostalgiemarkt ausgetragen.

Eine für gut 90 Euro erhältliche Box von Pink Floyd, inklusive Konzert-DVDs und Alternativabmischungen und als "Raritäten" getarnten Skizzen sorgt beim Mann, der alles außer Jugend hat, zwar für Begeisterung. Da Pink Floyd in den 1970er-Jahren aber ohnehin oft hunderttausende britische Pfund in die Produktionen steckten, klingt selbst eine Vinyl-Originalpressung von damals noch immer hervorragend.

Und selbst die bisherigen CD-Pressungen der alten Pink-Floyd-Alben klingen hervorragend. Wie der Engländer sagt: Much ado about nothing.  (Christian Schachinger / DER STANDARD, Printausgabe, 14.11.2011)