"Ab 1.1.2012 will ich bei einem Notfall in der Nacht nicht ins AKH eingeliefert werden", sagt Friedrich Doblinski, Arzt am Wiener AKH.

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"Rektor Schütz kämpft auf verlorenem Posten", sagt Friedrich Doblinski (Anm: Name von der Redaktion geändert), Arzt im Wiener AKH, im Gespräch mit derStandard.at. Trotzdem wird es zu Personaleinsparungen kommen, Unterstützung oder gar Verständnis erhält Schütz nicht von seiner Belegschaft. 

Wolfgang Schütz, Rektor der Meduni Wien, sieht sich mit einem großen Budgetloch konfrontiert. Der Meduni fehlen 30 Millionen Euro, 20 Prozent davon sollen durch Personalabbau eingespart werden. Das Defizit wird trotzdem weiter steigen, laut Prognosen bis 2016 gar auf 100 Millionen Euro. Das AKH ist das größte Spital Österreichs und zählt zu den größten Mitteleuropas.

Doblinski: "Für eine Uniklinik sind die Zustände traurig"

Die Verantwortung liegt eigentlich beim Bund: Da die Ärzte des AKHs von der Meduni Wien bezahlt werden und das Budget der Universitäten gekürzt wird, könnten einzig Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) eingreifen. 

Doch danach sieht es derzeit nicht aus: Die Journaldienste (Nachtdienste) werden mit 1.1.2012 deutlich gekürzt, von 170 Diensten auf 148. (derStandard.at berichtete). Die Betriebsversammlung am Donnerstag brachte keine Ergebnisse, obwohl sie rege besucht war: Es sind keine Kampfmaßnahmen geplant, nur eine weitere Versammlung am 22. November, diesmal zur Kernarbeitszeit der Ärzte.

Was bedeuten die Kürzungen für den ärztlichen Betrieb im AKH? "In schlechten Nachtdiensten schläft man gar nicht und arbeitet 32 Stunden am Stück", sagt Doblinski. Die Patientenversorgung leide unter dem Personalmangel. "Für eine Uniklinik ist das traurig." Es sei nicht richtig, dass so ein Druck auf der Uni laste. Besser wäre es, die Ärzte des AKHs nicht aus dem Unibudget zu bezahlen, sondern zur Gänze vom Bund.

Personaleinsparungen lösen nicht Budgetproblem

Obwohl Doblinski Rektor Schütz Verhandlungsschwäche gegenüber Wissenschaftsminister Töchterle attestiert, möchte er auch nicht, dass der Rektor als "Buhmann" dasteht. Der Fehler liege beim Wissenschaftsminister, der sich nicht um eine ausreichende Budgetierung kümmere und damit auch die schlechter werdenden Versorgung der Patienten zu verantworten habe.

Die Primarii des AKHs würden sich weigern anzugeben, welche Leistungen in ihren Einheiten gekürzt werden sollen. Schütz betonte laut Doblinski bei der Betriebsversammlung, dass er bis dato keine Einsparungsvorschläge erhalten habe. Nun muss der Rektor selbst anordnen, welche Journaldienste wo gekürzt werden.

Die Kürzungen seien der Versuch ein Budgetproblem kurzfristig zu lösen. Dabei werde man im nächsten Jahr vor dem gleichen Problem stehen und vermutlich wieder Journaldienste kürzen müssen.

"Bei einem intensiven Wochenenddienst muss ich eineinhalb Stationen alleine betreuen. Es kann vorkommen, dass ich dann unkomplizierte Patienten nicht zu Gesicht bekomme", erzählt Doblinski aus der Praxis. Das sei eine Zumutung für die Patienten. Dabei betont der Arzt, dass er nicht über seine Arbeit jammern möchte. "Ich mache meinen Job gerne, aber ich will ihn auch gut machen." Unter diesen Voraussetzungen sei es fast unmöglich. Wie das in Zukunft funktionieren werde, kann er sich nicht vorstellen.

"AKH ist kein Unternehmen, sondern eine Sozialeinrichtung"

Auf die Frage, ob er sich selbst im AKH behandeln lassen würde, antwortet der Mediziner zögerlich. "Untertags ja, aber ab 1.1.2012 (Anm: Kürzung der Journaldienste tritt in Kraft) will ich nicht bei einem Notfall in der Nacht ins AKH eingeliefert werden und auch nicht operiert werden." Dann fügt er hinzu: "Ich will aber auch nicht von mir selbst behandelt werden, wenn ich 26 Stunden wach bin." Es liege aber nicht an den Ärzten, die dort arbeiten, sondern an den Rahmenbedingungen.

Das AKH genießt in der Öffentlichkeit und bei Ärzten einen ausgezeichneten Ruf - besonders in der Notfallversorgung. Viele Ärzte, auch aus Niederösterreich schicken Notfälle in das AKH. Dabei könne die Versorgung, die erwartet werde, nicht gewährleistet werden.

Es werde darauf hinauslaufen, dass Patienten mit keinem akuten Leiden nachhause geschickt werden. "Wenn ich einen Patienten mit hohem Fieber, Krampfanfällen und daher Panik untersuche, will ich nicht die Entscheidung treffen, ihn mit einem Medikament einfach nachhause zu schicken. Es wäre viel besser den Patienten stationär aufzunehmen."

Für ihn ist das AKH kein Unternehmen, sondern eine Sozialeinrichtung. "Österreich ist zu reich dafür, um an der Patientenversorgung zu sparen." (red, derStandard.at, 11.11.2011)