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Szene in Hanoi, einer Stadt in Bewegung: Ihre Mobilität verdanken die Vietnamesen vor allem den allgegenwärtigen Zweirädern.

Foto: Corbis / Nik Wheeler

Reiseveranstalter Airtours.

Vietnam Airlines fliegen täglich ab Frankfurt nach Hanoi.

Unterkunft: Sofitel Metropole und Nam Hai

Grafik: DER STANDARD

Kai Speth ist eine imposante Erscheinung, imposant wie das Haus, das der deutsche Zwei-Meter-Mann seit drei Jahren leitet. Das Sofitel Metropole in Hanoi gilt als eine der ganz großen asiatischen Hotellegenden, bombastisch-selbstbewusste französische Kolonialarchitektur, riesige Ventilatoren, die sich träge in der schweren tropischen Luft an den Decken drehen, der blitzblaue Swimmingpool im Patio, endloses Luxusdrumherum und historische Anekdoten bis zum Abwinken: Charlie Chaplin, erzählt Speth, war hier (Hochzeitsreise), Graham Greene war hier (den Quiet American zu schreiben), und vom Cover eines alten Life-Magazins, das er in der Vitrine eines alten Schranks ausgestellt hat, blickt uns eine alte Bekannte an. Guten Tag, Jane Fonda! 1972, mitten im Vietnamkrieg, hatte "Hanoi Jane" das Sofitel Metrople zum Basislager einer privaten Polit-Mission erkoren. Für diesen Trip ist sie bis heute eine Hassfigur für jeden amerikanischen Hurrapatrioten geblieben.

Speth freut sich, dass er in Hanoi arbeitet, die asiatischen Megametropolen werden immer gesichtsloser, aber Hanoi hat Charakter bewahrt, sagt er, Charakter und Seele. Natürlich: Hotelmanager reden immer pro domo, aber was Speth sagt, hat etwas für sich. Die schönbrunnergelben (!) französischen Kolonialgebäude im Quartier Français südlich des Hoan-Kiem-Sees in der Stadtmitte. Die Altstadt mit dem Gewirr von Straßen und Sträßelchen, Garküche an Garküche, ein kunterbuntes Geschäftchen neben dem andern, prallvolle Warenlager, die klaftertief ins Innere der Gebäude reichen. Charakteristische, flunderartig plattgedrückte Häuser wachsen über drei Stöcke hinauf in den Himmel. Warum dieser spartanische, flächensparende Baustil, den man in der ganzen Stadt sieht?

Wegen der ebenfalls in den Himmel wachsenden Grundstückspreise. Denn: Boden in Vietnam wird teurer und teurer, unerschwinglich für den Normalbürger. Hanoi boomt, ganz Vietnam boomt. Nominell und dem Selbstverständnis der politischen Führung nach mag dies noch ein "sozialistisches" Land sein, aber wirtschaftlich brettert es seit der Öffnung in den 90er-Jahren im turbokapitalistischen Extremtempo dahin, genauso wie der reisige Nachbar China im Norden.

Gebrettert wird auch auf den Straßen Hanois, und dies nicht zu knapp. Viereinhalb Millionen Mopeds rattern durch die Sechseinhalb-Millionen-Metropole. Vom frühen Morgen bis in die späte Nacht hinein fetzt, röhrt, berserkert ein Geschwader nach dem anderen dahin, ohrenbetäubende Symbole eines energiegeladenen jungen Tigerstaates mit einer entfesselten Wirtschaftsdynamik. Existiert hier überhaupt so etwas wie eine Straßenverkehrsordnung? Wenn ja: Mit der österreichischen ist sie schwer vergleichbar.

Man braucht Trittsicherheit und Geistesgegenwart, um unbeschadet auf dem megaturbulenten Straßengürtel rund um den Hoan-Kiem-See zu bestehen. Ein Abstecher in den prächtigen Jadetempel auf einem Inselchen in der Mitte des Sees schafft eine kurze Auszeit (klassisches Kontrastprogramm "urbaner Hexenkessel" vs. "spiritueller Ort der Einkehr".) Im Kaffeehaus neben dem Wasserpuppentheater am nördlichen Ende des Sees wird exzellenter Kaffee kredenzt. Wer weiß schon, dass Vietnam, dem Exportvolumen nach, die zweitgrößte Kaffeenation der Welt nach Brasilien ist? Die Vietnamesen trinken ihr Gebräu gern mit picksüßer Kondensmilch aus der Dose. Es gibt auch die pechkohlrabenschwarze Variante, aber über Geschmack lässt sich ja streiten.

Zweiter Abschnitt unserer Reise: Zentralvietnam. Aufbruchstimmung auch hier, am weitläufigen Da Nang Beach. Da Nang war einst einer der größten Truppenstützpunkte der US-Army, dort stehen jetzt Hotelklötze für nostalgisch gestimmte GI-Urlauber. Tourismus heißt das Leitmotiv der Gegend, und Tourismus heißt hier: Sehr viel klotzen, kaum kleckern. Das Nam Hai ist eines der landesweit luxuriösesten Domizile für betuchte Urlauber aus aller Welt: Eine gigantische Hotelanlage mit hundert Villen, die hübsch symmetrisch zu beiden Seiten eines "Infinity Pools" gruppiert sind. Alles nach Feng-Shui-Prinzipien gebaut, begrünte Außenduschen, am Strand atemberaubende Aussichten auf das schiefergraue Meer, und außerdem gibt es einen großen Kräutergarten, in dem die Gäste für die hauseigenen Frühlingsrollenkochkurse selbst Chili und Koriander pflücken können.

Das Nam Hai ist auch Brückenkopf für einen Trip in das einen Katzensprung entfernte Hoi An: Seit 1999 ist der 75.000-Einwohner-Ort mit seinem schönen, als einziger im Krieg unzerstört gebliebenen Altstadtkern Unesco-Welterbe, und die Vietnamesen setzen ihren Ehrgeiz darauf, Hoi An zum Vorzeigeprojekt für eine gute Verbindung von Tourismus und Tradition zu machen: pittoreske Märkte, die berühmte japanische Brücke (Chua Cau), alte Wohnhäuser, viele freundliche Schneidermeister, die im Eiltempo Kleider, Hemden und Anzüge verfertigen, und in der Nacht das anmutige Lichtspiel hunderter Lampions, die, rot, gelb, grün, blau, in allen Farben, die Brücken und Uferpromenaden beleuchten. (Christoph Winder/DER STANDARD/Rondo/11.11.2011)