Diskutieren können sie, die Theologen. Das ist ein gutes Zeichen (halt leider das einzige). Bei der von Doris Appel moderierte Gesprächsrunde zur Kirchenkrise in kreuz & quer am Dienstagabend auf ORF 2 konnten die fünf Teilnehmer ihre konträren Standpunkte behaupten, ohne einander mit erhobenen Kreuzen ständig ins Gesicht zu fahren (wie das bei Politikern üblich ist, mit erhobenen Schildern).
"Es gibt die Tradition", auf die man sich in Fragen des Zölibats oder der Frauenordination berufen müsse, sagt der Kirchenrechtler Ludger Müller. "Es gibt sie nicht!", kontert der emeritierte Professor für Dogmatik, Wolfgang Beinert. Tja. Es wäre rein gar kein Hinweis in der Bibel zu finden, dass Frauen für das Priesteramt ungeeignet seien. Müller aber: Sehr wohl! Man müsse nur den griechischen Text genau ansehen.
Kardinal Christoph Schönborn rühmte in einem zugespielten Beitrag die Kirche zwar als "ecclesia semper reformanda", eine sich ständig reformierende Institution. Frauen und Zölibat gehen aber doch nicht.
Überhaupt seien Frauenordination und Zölibat Peanuts auf der Reformagenda. Worum es eigentlich gehe, sei die Erneuerung des Glaubens, "ob in unseren Familien zu Hause noch gebetet wird" . Nun ja, eher nicht. Und womöglich hängt das mit der Glaubwürdigkeit der Institution Kirche zusammen.
All die unterschiedlichen Argumentationsstränge führten bei laufender Kamera zu keinerlei Konsens. So gesehen ein adäquates Abbild der Kirchenkrise. Übrigens: Der für seinen "Ungehorsam" getögelte Helmut Schüller erhielt ausgerechnet vom Dogmatiker Unterstützung, der es wie immer besser wusste: Ganz am Anfang stand der Ungehorsam! (Margarete Affenzeller, DER STANDARD; Printausgabe, 10.11.2011)