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Premierminister François Fillon legte ein hartes Sparpaketvor.

Foto: AP/François Mori

Paris - Die Franzosen müssen den Gürtel noch enger schnallen. Nach einem ersten Sparplan über elf Mrd. Euro hat Premierminister François Fillon am Montag ein neues Maßnahmenpaket vorgelegt, das den Haushalt um weitere sieben Milliarden erleichtern soll. Offizieller Grund ist die revidierte Wachstumsprognose für 2012: Das französische Bruttoinlandprodukt (BIP) dürfte nicht mehr wie bisher geplant 1,75 Prozent zunehmen, sondern nur noch um ein Prozent. Dadurch entgehen dem Budget Frankreichs etwas mehr als sechs Mrd. Euro - die Fillon auf anderem Weg "hereinholen" will.

Fillon erhöht insbesondere den ermäßigten Satz der Umsatzsteuer (Taxe sur la valeur ajoutée) von 5,5 auf sieben Prozent. Dieser Wert liegt damit auf gleicher Höhe wie in Deutschland. Betroffen sind zum Beispiel Restaurants und bauliche Renovierungen. Der normale TVA-Satz von 19,5 Prozent bleibt unangetastet.

Das erst vor einem Jahr von 60 auf 62 erhöhte Rentenalter wird außerdem schon 2017 in Kraft treten, das heißt ein Jahr früher als geplant. Dazu kommen weitere Ausgabenkürzungen im Umfang von 500 Mio. Euro. Bei den Staatseinnahmen wird die Unternehmenssteuer für Großkonzerne ab einem Umsatz von 250 Mio. um fünf Prozent erhöht.

Budgetdisziplin

Die Budgetdisziplin gilt als Voraussetzung, dass Frankreich - wie fünf andere Euroländer - die AAA-Note der Ratingagenturen behalten kann. Moody's hatte im Oktober angedroht, Frankreich zurückzustufen. Ein Berater des Staatspräsidenten räumte laut Pariser Medien anonym ein, dass Sarkozy bei den Präsidentschaftswahlen "politisch tot" wäre, wenn sein Land das Triple-A verlöre.

Die Linksopposition übte scharfe Kritik am Vorgehen der bürgerlich-gaullistischen Regierung. Der sozialistische Präsidentschaftskandidat François Hollande stellte weniger das Ausmaß des Sparplans als dessen unsoziale Ausrichtung infrage. Sarkozy habe den einkommensstarken Haushalten seit seiner Wahl 2007 insgesamt 75 Mrd. Euro "geschenkt" - eine Summe, die man zurücknehmen müsste, statt die unsoziale Mehrwertsteuer zu erhöhen.

Der zentrumsliberale Europa-Politiker Jean-Louis Bourlanges meinte, ein einziger und massiver Sparplan wäre nützlicher gewesen als Sarkozys Taktik, "den Schwanz der Katze stückweise abzuschneiden" .

Ökonomen sehen in dem Regierungsplan einen Beleg für den Teufelskreis, in dem sich neben Frankreich ganz Europa bewege. "Die Ausgabenkürzungen werden das Wirtschaftswachstum weiter schmälern" , meint Eric Heyer vom Konjunkturinstitut Pariser OFCE. "Ausgerechnet ein Plan, der mit einem Wachstumsausfalls begründet wird, dürfte das Wirtschaftswachstum weiter reduzieren!" Wenn aber Frankreich weniger importiere, leide auch die deutsche Exportwirtschaft und damit der letzte Motor des Euroraums. Heyers Fazit: "Wir bewegen uns in Europa auf eine Rezession zu." (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.11.2011)