montage: derStandard.at

Europameister FPÖ: Vergleich der Facebook-Unterstützer der rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen in Europa. (Ausschnitt aus der "Demos"-Studie. Anm.: Mittlerweile hat Strache über 100.000 Fans auf Facebook).

Foto: Demos

Während die FPÖ nur rund 40.000 Parteimitglieder hat, gibt es auf Facebook bereits über 100.000 Fans des Auftritts von Parteichef Heinz-Christian Strache. Unter den rechtspopulistischen Parteien halten die Blauen mit diesen Zahlen den absoluten Europarekord. Die rechtsextreme British National Party (BNP) hat nur rund 15.000 offizielle Mitglieder und auf Facebook über 80.000 Fans. Diese beiden Beispiele zeigen, wie sich die Zugehörigkeit zu einer Partei bzw. auch die politische Debatte immer mehr in soziale Medien verlagert.

Nun hat eine Studie des britischen Think-Tanks "Demos" erstmals die Motive jener Menschen untersucht, die auf Facebook populistische Parteien und Bewegungen unterstützen. Untersucht wurden 14 Parteien und Organisationen in 11 Ländern Europas. Der Befund: Über die Online-Aktivitäten kann eine Ausbreitung eines extremen nationalistischen Gedankenguts von vor allem männlichen jungen Menschen über den ganzen Kontinent nachgewiesen werden. Sie sind extrem unzufrieden mit ihren Regierungen und der EU, ihre Zukunftsangst fokussiert sich auf den Verlust der eigenen kulturellen Identität, wobei vor allem der Einfluss des Islams ein wesentlicher Faktor ist.

Die Befragung von rund 10.000 Unterstützern rechtspopulistischer Parteien auf Facebook (2.564 Fragebögen wurden von FPÖ-Anhängern retourniert) lieferte folgende Detail-Ergebnisse:

  • Online-Unterstützer sind hautpsächlich männlich und jung. 63 Prozent sind unter 30 Jahre alt, 75 Prozent sind männlich. In keinem Land übersteigen die weiblichen Fans eine Marke von 36 Prozent.
  • Online-Unterstützer tendieren leicht mehr zur Arbeitslosigkeit. Durchschnittlich 14 Prozent der Befragten gaben an, arbeitslos zu sein - bei einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeitsrate von 7 Prozent in allen betroffenen Ländern. Bemerkenswert: Ein Drittel der Befragten gaben an, Studenten zu sein.
  • Online-Unterstützer sind aktiv: Viele sind Parteimitglieder und Wähler und sind eher bereit zu demonstrieren als der Durchschnitt der Bevölkerung.
  • Online-Unterstützer werden durch die positive Identifizierung mit den Werten ihrer jeweiligen Partei und dem Versprechen der Verteidigung nationaler und kultureller Werte angesprochen. Viele werden Fans, weil sie die Zerstörung der nationalen Werte durch Immigration und Multikulturalismus befürchten. Die Unterstützer zeichnet eine hohe Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien aus. Erstaunliches Detail: Die Studie fand keinen Beweis, dass wirtschaftliche Gründe einen wesentlichen Faktor für die Unterstützung von rechtspopulistischen Parteien darstellen.
  • Jüngere Unterstützer nennen Einwanderung eher als Grund für ihren Beitritt zum sozialen Netzwerk als ältere Unterstützer. 20 Prozent zwischen 16 und 20 Jahren nannten Immigration als Grund, während nur 10 Prozent der über 50-Jährigen dies angaben.
  • Unterstützer haben wesentlich weniger Vertrauen in nationale und europäische politische Institutionen als die Durchschnittsbevölkerung. Nur 20 Prozent vertrauen der jeweiligen nationalen Regierung und nur 14 Prozent vertrauen der Europäischen Union.
  • Verglichen mit der Durchschnittsbevölkerung haben Unterstützer rechtspopulistischer Parteien weniger Vertrauen in das Justizsystem, aber durchschnittliches Vertrauen in die Polizei und das Militär.
  • Online-Unterstützer sind enttäuschte Demokraten. Sie glauben zwar, dass Wählen wichtig ist, sie bezweifeln jedoch, dass Politik der richtige Weg ist, um ihre Anliegen zu verwirklichen.
  • Online-Unterstützer haben durchschnittliche Werte, was ihren persönlichen Optimismus betrifft, zeigen jedoch sehr niedrige Werte, wenn es um die Zukunft ihres Landes geht. Nur 10 Prozent finden, dass ihr Land auf dem richtigen Weg sei.
  • Warum die Online-Unterstützer dann tatsächlich zu den Urnen schreiten, ist hauptsächlich dem Thema Islam geschuldet.
  • Der Schritt von der Online-Unterstützung zur Parteimitgliedschaft wird durch die Betonung der Themen Multikulturalismus und dem Glauben, dass Politik Maßnahmen dagegen setzt, motiviert.
  • Das Thema, das Online-Unterstützer am ehesten zu Demonstrationen auf die Straße bringt, ist Korruption - noch vor Zuwanderung und Extremismus im Islam.

Jamie Bartlett, Hauptautor der Studie, weist gegenüber dem Guardian darauf hin, dass es sehr wichtig sei, die Einstellungen dieser neuen Generation der Unterstützer von rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen zu verfolgen. "Es gibt Hunderttausende über ganz Europa verstreut. Sie sind von der etablierten Politik und der Europäischen Union desillusioniert und befürchten einen Zerfall ihrer kulturellen und nationalen Identität." Deshalb würden sie sich an Bewegungen, die sich ihrer Bedürfnisse annehmen, wenden. "Diese Online-Aktivisten befinden sich außerhalb der Reichweite der Mainstream-Politik, aber sie sind motiviert, aktiv und werden immer mehr." (rasch, derStandard.at, 7.11.2011)