Serge Bellu, "Bugatti. Inszenierung einer Legende". € 68,- /384 Seiten. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2011

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Soweit man sich in der Genealogie der Familie Bugatti zurückerinnern kann, pflegte man stets einen ausgeprägten Antikonformismus. Aus den Überlieferungen der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts ist ein besonders rätselhafter Vorfahr fassbar. Er lebte in der Lombardei, an den Gestaden des Comer Sees, nannte sich Giovanni Luigi Bugatti, behaute Stein und Holz als Bildhauer - und knüpfte Kontakte zur Aristokratie und gehobenen Bourgeoisie. Sein Sohn Carlo begründete ein Imperium der Mobiliarkunst. Wertvolle Intarsienarbeiten zeugen bis heute von seiner Virtuosität.

Die Söhne Carlo Bugattis setzten die kreative Ader fort. Rembrandt Bugatti wurde Bildhauer, Ettore hingegen war fasziniert von zwei Erscheinungen, die das 20. Jahrhundert beherrschen sollten: Maschinen und Geschwindigkeit. Durch intuitives Verständnis verschrieb er sich der Mechanik des Automobilbaus. Bis heute zählt die Marke Bugatti zu den wahrlich klingenden Namen des Genres. Der Motorsportjournalist Serge Bellu zeichnet, opulent illustriert, die Historie der durch Dynastien geprägte Automarke Bugatti nach: deren Aufstieg, Erfolg, Verfall, bis zu deren Renaissance - seit 1998 unter Ägide der Volkswagen-Gruppe.

Die Erfolgsgeschichte von Bugatti umfasste zwischen den Weltkriegen nur rund zwei Jahrzehnte. Dieser Zeitraum reichte aber aus, um Autos zu kreieren, die der Marke die Aura des Artifiziellen, Erratischen gewährte, Zugang zur Sphäre der Kunst verschaffte. Und sowohl humane als auch automobile Protagonisten zur Legende machte. (Gregor Auenhammer/DER STANDARD/Automobil/04.11.2011)